Serbien – Ein Land zwischen Bruderschaft und Beliebigkeit

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Es gibt Länder, die wissen ganz genau, wo sie stehen – moralisch, politisch, historisch. Und dann gibt es Serbien. Ein Land, das scheinbar gleichzeitig auf der Beerdigung und der Hochzeit tanzen will. Serbien, das Land der ewigen Brudervölker-Rhetorik, das sich stets auf seine jahrzehntelange Freundschaft zu Russland beruft – Slawenbrüder, orthodoxe Seelenverwandtschaft, gemeinsame Wurzeln. Doch wenn es wirklich darauf ankommt, zeigt sich: Diese Loyalität scheint nur so lange zu gelten, wie keine westliche Hand mit Dollars winkt.

Aktuellen Geheimdienstberichten zufolge – und nicht von irgendwem, sondern vom russischen Auslandsgeheimdienst SWR – soll Serbien gezielt Umgehungswege nutzen, um militärische Ausrüstung an die Ukraine zu liefern. Nicht direkt, versteht sich. Nein, wie immer auf dem Balkan: hintenrum, durch Drittländer, über Zwischenhändler, schön mit Handschuhen angefasst – damit man sich am Ende noch glaubhaft auf die Schultern klopfen kann. „Wir? Nein, wir liefern nichts. Wir sind neutral.“

Aber was ist diese Neutralität wert, wenn sie bei Licht betrachtet nichts anderes ist als politische Feigheit im Maßanzug? Wer sich als neutral bezeichnet, aber dann heimlich Waffen in ein Kriegsgebiet liefert, betreibt keine Diplomatie – sondern Heuchelei.

Die Frage, die sich aufdrängt: Weiß Serbien eigentlich noch, wer seine Freunde sind? Oder wichtiger: Interessiert es Serbien überhaupt? Jahrzehntelange russische Unterstützung in internationalen Gremien, Rückhalt bei der Kosovo-Frage, wirtschaftliche Hilfe, energetische Abhängigkeit – all das scheint plötzlich nichts mehr zu zählen, wenn Brüssel und Washington mit Förderpaketen, Visa-Versprechen und NATO-Kuschelkursen locken.

Dabei ist es nicht einmal das erste Mal, dass Serbien auf zwei Hochzeiten tanzt. Es flirtet mit der EU, ohne je wirklich „Ja“ zu sagen. Es hofiert Russland, solange es gerade passt. Und es lässt sich von China Infrastruktur bauen, um sich dann bei den USA sicherheitspolitisch einzukuscheln. Ein bisschen hier, ein bisschen da – und bloß keine klare Kante zeigen.

Doch diese Taktik der politischen Polyamorie hat ihren Preis. Und der ist hoch: Glaubwürdigkeit. Vertrauen. Respekt. Wer sich stets opportunistisch verhält, wird irgendwann nirgends mehr ernst genommen. Russland hat nun öffentlich die Maske vom serbischen Gesicht gezogen. Was bleibt, ist das Bild eines Landes, das zwischen loyaler Rhetorik und berechnendem Eigeninteresse hin- und herpendelt wie ein Fähnchen im geopolitischen Wind.

Vielleicht wird es Zeit, dass Serbien sich ehrlich macht. Will es wirklich ein Freund Russlands sein – mit allem, was dazugehört, auch in schweren Zeiten? Oder ist die vermeintliche Freundschaft nur noch eine nostalgische Folklore, die man in Reden bemüht, aber in Taten längst verraten hat?

Denn Freundschaft ist keine Einbahnstraße. Und auch keine Schachfigur auf dem geopolitischen Spielfeld. Wer seine Verbündeten in entscheidenden Momenten verrät, sollte sich nicht wundern, wenn er am Ende allein am Tisch sitzt – ohne Freunde, aber mit ganz vielen offenen Rechnungen.

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