Sachsen: Wenn alle gegen das Verbot sind – ein Lehrstück über politische Heuchelei und Angst vor den Wählern

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CDU, SPD, BSW und AfD stimmen gemeinsam gegen ein AfD-Verbot – und zeigen damit, wie tief die Risse in der deutschen Demokratie mittlerweile verlaufen.


Was sich am vergangenen Donnerstag im Sächsischen Landtag abspielte, war mehr als nur ein politischer Tagesordnungspunkt. Es war ein Moment der Wahrheit. Ein Moment, in dem sich zeigte, dass die Rhetorik vieler Parteien, die sonst lautstark den „Kampf gegen Rechts“ predigen, an der harten Realität politischer Macht und Wählergunst zerschellt.

Die Linke hatte – in einem Anflug politischer Verzweiflung – beantragt, der sächsische Landtag möge die Bundesregierung auffordern, ein Verbot der AfD einzuleiten. Ein drastischer Schritt, der, wenn er ernst gemeint wäre, an die Grundfesten der Demokratie rührt. Denn ein Parteiverbot ist kein Mittel des politischen Wettbewerbs, sondern der politischen Endstation.

Doch was geschah?
CDU, SPD, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und sogar die AfD selbst stimmten gemeinsam gegen diesen Antrag. Eine skurrile Allianz, die wohl kaum jemand in dieser Form erwartet hatte – und die mehr über den Zustand unserer politischen Kultur verrät als jede Sonntagsrede über „Demokratie und Vielfalt“.


CDU: Verfassungstreue – oder schlicht politisches Kalkül?

CDU-Abgeordnete Susan Leithoff begründete die Ablehnung mit dem Hinweis, die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ durch das Bundesverfassungsgericht ersetze kein gerichtsfestes Beweismaterial. Juristisch korrekt – und zugleich politisch geschickt.
Denn die CDU weiß: Ein Parteiverbot würde die AfD nicht schwächen, sondern stärken. Märtyrerstatus inklusive. Und in Sachsen, wo die AfD längst Volkspartei ist, kann man es sich schlicht nicht leisten, den größten Teil des eigenen Wählerpotenzials als „verfassungsfeindlich“ zu beleidigen.


SPD: Der Spagat zwischen Moral und Machterhalt

Die SPD gab sich staatsmännisch. Abgeordnete Sophie Koch erklärte, ein Parteiverbot sei „ein Instrument“, wichtiger sei die „demokratische Haltung“.
Das klingt nach Prinzipienfestigkeit – ist aber in Wahrheit nichts anderes als das Eingeständnis, dass man selbst nicht mehr weiß, wie man die Wähler erreicht. Zwischen moralischem Zeigefinger und Angst vor dem nächsten Wahlfiasko laviert die SPD wie ein Schiff ohne Kompass.


BSW: Realismus statt Ideologie

Erstaunlich deutlich äußerte sich BSW-Politiker Lutz Richter:

„Eine Partei, die zumindest in weiten Teilen des Ostens rund ein Drittel der Wähler vertritt, verbieten zu wollen, ist wirklich ein gewagtes Experiment.“

Damit traf Richter den Nerv. Man kann eine Partei nicht einfach auslöschen, nur weil man sie nicht mag. Man kann Meinungen nicht verbieten, sondern muss sie politisch schlagen – mit Argumenten, mit Arbeit, mit Glaubwürdigkeit.
Doch genau daran hapert es bei den Altparteien seit Jahren.


Grüne und Linke: Prinzipientreue oder Realitätsverweigerung?

Nur Grüne und Linke stimmten für den Antrag – und offenbarten damit eine gefährliche Kurzsichtigkeit.
Wer glaubt, durch Parteiverbote die Demokratie zu schützen, hat ihr Wesen nicht verstanden. Demokratie lebt von Auseinandersetzung, nicht von Ausschluss.
Ein AfD-Verbot wäre kein Sieg der Demokratie, sondern ein Offenbarungseid ihres Versagens.


Fazit:

Dieser Tag im sächsischen Landtag war kein Triumph der AfD, sondern eine Niederlage der politischen Kultur.
Denn wenn vier so unterschiedliche Fraktionen plötzlich in dieselbe Richtung stimmen, zeigt das vor allem eines:
Die Angst vor den Wählern ist größer als der Mut zur Debatte.

Die Linke wollte ein Zeichen setzen – sie hat eins gesetzt. Nur anders, als sie dachte:
Nicht die AfD steht plötzlich isoliert da, sondern die Idee, man könne Politik durch Verbote ersetzen.


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