Kompass für Klima-Finanzpolitik

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Der Finanzsektor spielt eine entscheidende Rolle auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft. Anfang des Jahres hatte der Sustainable-Finance-Beirat für die Bundesregierung 31 Empfehlungen ausgesprochen, wie die sozial-ökologische Transformation durch den Finanzmarkt beschleunigten werden kann. Bisher blieb die Übersetzung der Beiratsempfehlungen in konkrete Gesetzgebung durch die Politik aus. Deswegen legen der WWF Deutschland und die Finanzmarkt-NGO Finanzwende jetzt ein Rechtsgutachten vor. Das von der Kanzlei Becker Büttner Held als unabhängige Begutachterin erstellte Papier zeigt, wie die betrachteten Empfehlungen gesetzlich umgesetzt werden können. Zentral sind dafür Pflichten in der Unternehmensberichterstattung, Rolle der Öffentlichen Hand und Transparenz im Gebäudesektor. 

„Das Rechtsgutachten gibt der Bundesregierung einen klaren Kompass in die Hand. So gelingt die Übersetzung der Beiratsempfehlungen in konkrete Gesetzgebung“, sagt Matthias Kopp, Leiter Sustainable Finance beim WWF Deutschland. „Der bisherigen Sustainable-Finance-Strategie der Bundesregierung fehlt es an Detailgrad und Konkretisierung. Auch deswegen ist Deutschland seinem Ziel, führender Standort für Sustainable Finance zu werden, noch immer nicht nähergekommen, etwa im Vergleich zu Frankreich und den Niederlanden. Das 62-seitige Papier zeigt, wie die Umsetzung in zentralen Bereichen sehr konkret funktionieren kann und sollte.“ 

Daten und Informationen sind die zentrale Grundlage dafür, damit Kapital systematisch und effizient in die nachhaltige Transformation fließt. Dafür braucht es eine Verbesserung der bestehenden Transparenz- und Offenlegungspflichten in der Unternehmensberichterstattung. „Bisher leistet die Berichterstattung zu Nachhaltigkeit keinen relevanten Beitrag zur Transformation“, sagt Matthias Kopp. Das Gutachten zeigt, wie die Politik über Anpassungen der Vorgaben im Handelsgesetzbuch den Rahmen so setzen kann, dass genügend Informationen zu Klima- und Nachhaltigkeitsrisiken bei jeder Investitionsentscheidung berücksichtigt werden können. „Nachhaltigkeitsberichterstattung muss gesetzlich verbindlich für alle relevanten Unternehmen und letztlich zu einem festen Teil der klassischen Finanzberichterstattung werden“, sagt Kopp. 

Wie wichtig die Bereitstellung von Informationen ist, zeigt deutlich der Gebäudebereich. Der Sektor ist in Deutschland für besonders viele Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Gebäudestand soll aber klimaneutral werden. „Finanzmarktakteuren fehlen Informationen über Investitions- oder Finanzierungsbedarfe“, sagt Matthias Kopp. Eine angemessene Klima-Finanzpolitik muss Energie- und Klimakriterien systematisch in die Kapitalvergabe integrieren. Dafür muss eine zentrale Datenbank alle klima- und energierelevanten Gebäudedaten erfassen und dem Finanzsystem verfügbar machen. Diese zentrale Informationsstelle gibt Investoren die Grundlage, um über zukünftige Wertentwicklung und Sanierungsanforderungen angesichts der zunehmenden Risiken durch die Klimakrise zu entscheiden. 

Eine ambitionierte Klima-Finanzpolitik muss nicht nur den Rahmen setzen, sondern in Form der öffentlichen Hand selbst als Vorbild agieren. Etwa über Sparkassen und Landesbanken ist sie selbst als Akteur am Markt tätig. „Ihrer Vorbildfunktion im Finanzbereich kommt die öffentliche Hand zu oft nicht nach“, sagt Gerhard Schick, Geschäftsführer von Finanzwende. „Sparkassen sind öffentlich-rechtliche Institute und müssen sich am Gemeinwohl orientieren. Die Ziele des Pariser Klimaabkommens und den UN-Zielen zur nachhaltigen Entwicklung haben die Sparkassen noch nicht zur Richtschnur ihrer Tätigkeit gemacht.“ Im Gutachten sind deswegen zentrale Ausgangspunkte formuliert, um etwa über das Sparkassengesetz das 1,5-Grad-Limit in die Geschäftstätigkeit zu integrieren. 

Auch die bundeseigenen Anlagen in Sondervermögen der öffentlichen Hand müssen in angemessener und kohärenter Weise in Einklang mit den Klimazielen angelegt werden. Ein Bespiel ist das Sondervermögen der Altersversorgung. Das Gutachten zeigt, wie auch diese Sondervermögen am 1,5-Grad-Limit ausgerichtet aktiv gesteuert werden können – wie etwa durch Zielsetzungen und Selbstverpflichtungen wie denen der UN Net Zero Asset Owner Alliance (UN AOA). Mit dem Beitritt würde die öffentliche Hand ein weiteres wichtiges Signal ihrer Ambition setzen. Fünf deutsche institutionelle Investoren sind bereits Mitglied der UN AOA, darunter der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, kurz KENFO, als öffentliche Akteur. 

 

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OV von WWF Deutschland

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