Hat der Weihnachtsmann unser Christkind verdrängt?

Estimated read time 4 min read

Ein Plädoyer für die Beibehaltung unserer Kulturellen Werte

Der vorweihnachtliche Konsumzirkus zeigt jedes Jahr aufs Neue eine beeindruckende Vielfalt an Lichtern, Farben und Symbolen. Eine Figur sticht dabei besonders hervor: der Weihnachtsmann. Seine prägnante Erscheinung mit rotem Mantel, weißem Bart und dickem Bauch ist allgegenwärtig – auf Werbetafeln, in Einkaufszentren und in Filmproduktionen. Doch wo bleibt das Christkind, jene zarte Gestalt, die in vielen Regionen Europas traditionell die Geschenke bringt? Hat der Weihnachtsmann das Christkind aus unserer Kultur verdrängt? Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, die Ursprünge beider Figuren zu beleuchten und den Einfluss der modernen Populärkultur auf unsere Traditionen zu untersuchen.

Die Ursprünge des Weihnachtsmannes

Der Weihnachtsmann, wie wir ihn heute kennen, hat eine lange Entwicklungsgeschichte hinter sich. Seine Ursprünge lassen sich bis zu Sankt Nikolaus zurückführen, einem barmherzigen Bischof aus Myra (im heutigen Türkei) des 4. Jahrhunderts. Nikolaus war bekannt für seine Großzügigkeit und seine Hilfe für die Armen, wodurch er zur Symbolfigur der Kinderbescherung wurde. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich aus der Figur des Nikolaus der Weihnachtsmann. Besonders im protestantischen Raum, wo man Heiligenverehrung ablehnte, wurde aus Sankt Nikolaus ein weltlicher Geschenkträger.

Seine moderne Gestalt verdankt der Weihnachtsmann jedoch vor allem der amerikanischen Popkultur. In den 1820er Jahren prägte der Dichter Clement Clarke Moore mit seinem Gedicht „A Visit from St. Nicholas“ (besser bekannt als „The Night Before Christmas“) das Bild eines fröhlichen, korpulenten Mannes, der mit einem Rentierschlitten reist. Den größten Einfluss auf das heutige Erscheinungsbild hatte jedoch die Coca-Cola-Werbung der 1930er Jahre, die den Weihnachtsmann mit roten Gewändern und freundlichem Gesicht weltweit populär machte. Diese Version des Weihnachtsmannes wurde zu einer Ikone der Konsumkultur.

Das Christkind als traditionelle Symbolfigur

Im Gegensatz dazu ist das Christkind eine Figur, die tief in der christlichen Tradition verwurzelt ist. Ursprünglich stand es symbolisch für das neugeborene Jesuskind, das die Hoffnung und das Licht in die Welt bringt. Im 16. Jahrhundert wurde das Christkind vor allem durch Martin Luther als Alternative zum heiligen Nikolaus eingeführt. Luther wollte den Fokus der Weihnacht auf die Geburt Christi und weg von der Heiligenverehrung lenken. So wurde das Christkind in vielen protestantischen Regionen zum Geschenkbringer.

Mit der Zeit erhielt das Christkind eine personifizierte Gestalt: In süddeutschen und österreichischen Regionen wurde es als engelsgleiche Figur dargestellt, oft mit blondem Lockenhaar und einem langen, weißen Gewand. Anders als der Weihnachtsmann bleibt das Christkind meist unsichtbar; es bringt die Geschenke still und heimlich, was seinen mystischen Charakter unterstreicht.

Der Einfluss amerikanischer Kultur

In der heutigen Zeit ist es offensichtlich, dass die Figur des Weihnachtsmannes weltweit an Bedeutung gewonnen hat. Dies ist in erster Linie auf den Einfluss der amerikanischen Popkultur zurückzuführen. Hollywood-Filme, globale Marken und internationale Werbung haben den Weihnachtsmann zu einem universellen Symbol gemacht. Seine fröhliche und zugängliche Art macht ihn besonders für Kinder attraktiv. Gleichzeitig passt er perfekt in die kommerzialisierte Welt der Weihnachtszeit, da er mit Konsum und Geschenken assoziiert wird.

Das Christkind hingegen hat diesen Sprung in die globale Kultur kaum geschafft. Es bleibt eine regional begrenzte Figur, die in süddeutschen, österreichischen und einigen Teilen der Schweiz bekannt ist. In vielen Großstädten ist es kaum noch präsent – der Weihnachtsmann hat in Einkaufszentren und auf Weihnachtsmärkten klar die Oberhand gewonnen.

Verdrängung oder Koexistenz?

Die Frage, ob der Weihnachtsmann das Christkind verdrängt hat, ist nicht eindeutig zu beantworten. In urbanen und internationalen Kontexten hat der Weihnachtsmann das Christkind sicherlich überstrahlt. Seine Popularität und Allgegenwart sind unübersehbar. Dennoch bleibt das Christkind in vielen Familien eine wichtige Figur, insbesondere in traditionellen Regionen, wo es nach wie vor die Geschenke bringt.

Es könnte auch argumentiert werden, dass beide Figuren nebeneinander existieren können. Der Weihnachtsmann steht für die äußerliche, oft kommerzielle Seite des Festes, während das Christkind die spirituelle und familiäre Bedeutung von Weihnachten bewahrt. So kommt es in vielen Haushalten vor, dass der Weihnachtsmann in der Vorweihnachtszeit präsent ist, während zum eigentlichen Fest das Christkind erscheint.

Schlußsatz:

Die Figur des Weihnachtsmannes hat durch die Globalisierung und den Einfluss der amerikanischen Popkultur zweifellos an Bedeutung gewonnen und das Christkind in vielen Bereichen verdrängt. 😥

Dennoch lebt die Tradition des Christkinds in bestimmten Regionen und Familien weiter und bewahrt so ein Stück kulturelle Identität.

Vielleicht liegt die wahre Stärke des Weihnachtsfestes in seiner Vielseitigkeit: Es bietet Raum für verschiedene Traditionen und Symbole, die alle ihre eigene Bedeutung haben.

Die Herausforderung besteht darin, den tieferen Sinn des Festes nicht im Glanz der Konsumwelt zu verlieren. Wird uns das gelingen? Der Verfasser ist da sehr skeptisch.

More From Author