Die Fans leben für den Sport und der Sport lebt durch die Fans aber es brodelt auf dem Heuboden

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Es scheint mächtig zu brodeln auf dem Kasseler Heuboden. Die Fans sind sauer. Ob zu Recht oder zu Unrecht lässt sich von hier nicht nachvollziehen.

Wir finden den geschriebenen Text dennoch gut und sehr sachlich, denn ohne Fans wird es nicht gehen – das steht fest. Ohne die treuen Fans des Kasseler Eishockeys wird sich dieses Projekt und diese Investitionen nicht bezahlt machen.

Die Fans leben für den Sport und der Sport lebt durch die Fans.

Die Fans sind es die eine Mannschaft tragen können, die eine Mannschaft anfeuern können die eine Mannschaft so anpeitschen und unterstützen können, dass aus einer Niederlage ein Sieg werden kann.

Man sollte sowas berücksichtigen.

Wir haben uns deshalb entschlossen, den nachfolgenden Text in ungekürzter Version hier zu Diskussion zu stellen


„NIEMAND IST GRÖßER ALS DER ECK“
(STELLUNGNAHME ZUM STIMMUNGSBOYKOTT AM 08.10.2021)

Ein Bild des Heubodens mit Fanaktionen

Vieles ist neu in der Eissporthalle – ein etwas überdimensionierter Videowürfel, eine runderneuerte Gegengerade mit Logen, die Flex-Bande, der K-Block. Dazu kommt die im Sommer initiierte personelle Erweiterung des Managements. Ein „superreicher“ Investor, der den Geldbeutel blitzen lässt. Unübersehbar bricht eine neue Zeitrechnung in der Kasseler Eishockeygeschichte an. Ähnlich neu war heute der Anblick des Heubodenzentrums ab dem zweiten Spieldrittel – und das in einem Derby gegen Frankfurt. Der Platz, an dem wir uns versammeln: Leer gefegt, hinterlassen mit einem großen Fragezeichen. Vielen unserer Kritiker*innen wird das möglicherweise sogar gefallen haben, andere wiederum werden das Herz des Heubodens vermisst haben. Nichts passiert ohne Grund, so auch unser Boykott nicht. Wir wollen ihn erklären…

Unserem Handeln stellen wir verschiedene Prinzipien voran, die in unseren Augen den Eishockeysport in Kassel besonders machen:

(1) EISHOCKEY ALS KULTURGUT

Wir alle mussten in den letzten ca. 20 Jahren eine zunehmende Eventisierung des Profisports in Deutschland und auf der Welt feststellen. Preise werden stetig angehoben, Geldgeber*innen wittern Geschäfte mit Vereinen, die Zuschauer*innen werden bewusst zur Konsumgesellschaft erzogen, es werden riesenhafte Hallen oder klimatisierte Stadien gebaut. All das ist in einem schleichenden Prozess geschehen – sukzessive hat sich eine für Besucher*innen kaum wahrnehmbare „neue Normalität“ etabliert. Sich dagegen nachhaltig zu wehren, ist extrem schwer. Das beweisen nicht zuletzt die fortwährenden Kämpfe organisierter Faneinheiten gegen die Spitzen der verantwortlichen Verbände.
Nun sind wir als Eishockeyverein in der zweiten deutschen Liga ein vergleichsweise kleiner Fleck auf der sportlichen Landkarte – allerdings ist diese Entwicklung auch für uns spürbar. Uns ist bewusst, dass man sich gewissen Entwicklungsschritten nicht entziehen kann, um konkurrenzfähig zu bleiben. Deshalb akzeptieren wir auch den gegenwärtigen Status Quo, der uns insgesamt als Standort voranbringt. Wir verstehen es aber nach wie vor als unsere Aufgabe und Pflicht, das Kasseler Eishockey als Kulturgut für Stadt und Region zu bewahren. Besinnen wir uns auf unsere ursprünglichen Werte, so stellen wir schnell fest, dass die Eishockeytradition in Kassel aus zugefrorenen Teichen und gefluteten Plätzen erwachsen ist. Einfache und ehrliche Mittel, um aus Sport eine Stätte der Begegnung und aus der Stätte der Begegnung eine gemeinsame Kultur zu formen, die uns in späteren Jahren in nahezu alle Eissporthallen des Landes geführt hat. Welcher Standort kann schon von sich behaupten, in seiner Geschichte einmal in allen Spielklassen vertreten gewesen zu sein?! Von Rostock bis Garmisch, von Neuss bis Weißwasser – wir waren überall und sind immer noch mittendrin. Eishockey in Kassel ist mehr als sportlicher Erfolg oder Misserfolg. Es stiftet Identität, die in blau-weißen Farben ihren Ausdruck findet und von jedem gelebt wird, der im Dunstkreis des Kasseler Eishockeys sozialisiert wurde. Das muss auch in Zukunft erkennbar sein.

(2) DIE EISSPORTHALLE IST UNSER ZUHAUSE

Der Organismus unserer Kultur und Identität lebt insbesondere an einem Ort – der Eissporthalle. Gelegen am Rande der Aue mit direkter Verbindung ins Umland bildet sie den idealen Knotenpunkt für Begegnungen aus Stadt und Region. Wenn es einen Ort auf der Welt gibt, an dem wir unsere Werte, Geschichte und Prinzipien pflegen müssen, dann ist es dieser. Das regelmäßige Zusammenkommen an Spieltagen erzeugt ein besonderes Gefühl, das mehr ist als der klinisch reine Besuch einer Sportveranstaltung. Es ist ein gemeinschaftliches Erlebnis, bei dem wir sein können wie wir wollen – frei, gleich, divers, leidenschaftlich. Wir sind lediglich uns selbst und unseren Emotionen verpflichtet, sonst niemandem. So waren wir auch im Vorfeld der vergangenen Woche extrem aufgeregt – und das obwohl die neu beginnende Saison überhaupt keinen sportlichen Anreiz bietet. Allerlei Fragen schossen nach dem Hallenumbau durch unsere Köpfe: „Wie sieht die Halle überhaupt aus?“, „Passt der Videowürfel ins Gesamtbild?“, „Behält die Halle trotzdem ihren Charme?“, „Ist der ureigene Geruch noch erkennbar?“, „Stellt sich das gewohnte Spieltagsgefühl ein?“ Unser Eindruck ist letztlich, dass die Modernisierung der Halle durchaus gelungen ist. Auch wenn es sicher kleinere Abstriche gibt, betrachten wir die Veränderungen als notwendig und sehen ihnen positiv entgegen.
Wie bereits angedeutet ist uns bewusst, dass gewisse Schritte notwendig sind, um uns zukunftsfähig aufzustellen. Das steht nicht zur Debatte. Insofern sind wir eigentlich froh und dankbar, dass Investitionen dieser Art möglich sind. Was wir jedoch nicht tolerieren können, ist die Tatsache, dass wir daran gehindert werden, in der Eissporthalle unsere Emotionen und unsere Kultur aktiv auszuleben. So geschehen zu Beginn dieser Woche als wir einen Anruf erhielten, in dem uns willkürlich mit Stadionverbot und sogar gewaltvoller Vertreibung aus der Halle gedroht wurde, wenn wir uns nicht an die „Regeln“ in der „neuen Halle“ halten würden. Zu diesen „Regeln“ gehört seit nun wohl auch, dass das Anbringen von Tape und PVC-Stangen zur Befestigung und Stabilisierung von Trommeln für den Support nicht weiter geduldet wird. Wir sind wirklich gespannt, was passiert, wenn erst der erste Becher vom Heuboden fliegt… Es mag sein, dass die Eissporthalle auf dem Papier in Privatbesitz ist und die Modernisierung mit viel Privatvermögen finanziert wurde. Aber das gibt auch Eigentümern und Investoren nicht das Recht, uns auf diese Art und Weise anzugehen. Die Eissporthalle gehört emotional der Kasseler Eishockeygemeinde und sonst niemandem. Sie ist das Zentrum unserer aller Identität und Werte. Sie verbindet Freud mit Leid, Jubelsprünge mit Tränen, Hoffnung mit Trauer. Es muss möglich sein, unsere historisch gewachsene und außergewöhnliche Kultur dort zu leben und zu feiern. Ist es das nicht, wird die SEELE DES EISHOCKEYSPORTS IN KASSEL VERRATEN UND VERKAUFT.

(3) VERTRAUEN UND VIELFALT – KEINE UNTERDRÜCKUNG

Über allem steht in diesem Zusammenhang der Grundsatz, dass wir uns untereinander vertrauen und respektieren. Die Entwicklung der Kasseler Eishockeykultur hat eine Vielfalt hervorgebracht, die jung und alt, Mann und Frau, Stadt und Landkreis, ja sogar Arbeitslose und Topverdiener*innen zusammenbringen. Dieses der Fangemeinde innewohnendes Merkmal ist unantastbar und stellt die Basis unseres Engagements dar. Der vertrauensvolle und ehrliche Umgang miteinander macht uns stark und wird auch in Zukunft der wichtigste Baustein für das Fortbestehen unserer Fankultur sein. Daran wird auch der Einstieg eines Investors nichts ändern. Jeder, der von außen mit Geldscheinen wedelt und versucht, eine von oben gesteuerte „Monokultur der Macht“ zu etablieren, die gegen sämtliche kulturelle Werte verstößt, die wir gemeinsam aufgebaut haben und leben, wird nicht weit kommen. In unseren Reihen ist kein Platz für Drohgebärden und Unterdrückung – insbesondere nicht gegenüber denjenigen, die mit Blut, Schweiß und Tränen in mehreren Generationen über Jahrzehnte hinweg dem Kasseler Eishockey ein ehrliches und wahres Gesicht geben. Wirklich arm sind dagegen die Reichen, die jenseits ihres Geldes nichts von alledem fühlen und verstehen können.

Unser Wirken gründet auf diesen Leitprinzipien, deren Gültigkeit für uns schlicht nicht verhandelbar ist. Leider wurden diese im Laufe dieser Woche gezielt angegriffen – in einer Form und mit einer Schärfe, die wir zuvor nicht kannten. Mit unserem Stimmungsboykott im heutigen Derby wollen wir ein Zeichen setzen, bevor es zu spät ist. Wir sagen ja zu Veränderung, Weiterentwicklung und Modernisierung. Das ist unbestritten. Aber wir sagen genauso entschieden nein zu Verdrängung, Erziehung und Repression. Das Kasseler Eishockey befindet sich am Scheideweg. Die Gretchenfrage ist, wie man es schafft, Erneuerung zu schaffen ohne die Tradition zu begraben? Wie verbinden wir Leidenschaft, Stolz, Demut und Treue mit Innovation und Investition? Wir sind bereit, Antworten auf diese Fragen zu finden und den eingeschlagenen Entwicklungspfad konstruktiv zu begleiten. Bleibt offen, was mit euch ist – Quo vadis, Paul?

Fanszene Kassel im Oktober 2021


REDAKTION: Die Stellungnahme eines der Verantwortlichen der Kassel Huskies, der den Fans faktisch Gewalt vorwirft gegenüber den gegnerischen Fans und dies ebenfalls in einem Facebbookposting als Antwort auf diesen Brief weitergibt.

Sollte es tatsächlich Ausschreitungen gegeben haben, so ist dies absolut und nachhaltig zu unterbinden. Gewalt hat im Sport nichts zu suchen. Gerade das ist das schöne und besondere am Eishockey, dass man bislang auf solche Szenen verzichten konnte, die man beim Fußball schon in den unteren Ligen zu sehen bekommt.

Insofern wäre das Statement und die Maßnahmen des Managments absolut zu verstehen


Statement PAUL SINZIN :

Hey wenn ihr mich schon direkt fragt , dann nehme ich mir gerne die Zeit Jungs…
Ihr habt vergessen zu erwähnen, dass meine klare Aussage eu ch gegenüber war: ich akzeptiere keine Gewalt in und um die Halle !!!!
Ich respektiere die Fankurve und bin dankbar für alles was die Fans für die Organisation machen…. Es muss mir auch als ‚superreichen‘ Investor nicht immer alles gefallen , aber hey auch ich stand mal auf diesem Heiligen Eis in unserer Halle und habe einen Bezug dazu!!!!
Was erlaubt ihr euch eigentlich? Ihr jagt Menschen über den Parkplatz nur weil sie andere Farben tragen?!
Das war der Grund für meinen Anruf….
Tut mir einen Gefallen bleibt fern!!!
Ich liebe diesen Sport und ich liebe diesen Club ( auch nach 3 Niederlagen )
Mir ist jeder Auswärtsfan in unserer Halle willkommen, auch gerne mit Kindern und Ehepartnern und auch gern mit Gesängen gegen unseren Club, aber ohne Gewalt!!!!
Und somit mache ich die klare Aussage und fange mit der Hauseigenen Problematik an : Die EC Kassel Huskies tolerieren keine Gewalt ( auch nicht in eigenen Reihen )
Schönen Abend euch noch 🏒💯👌
Liebe Grüße 🖖 der Paul


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