Aussage des Messerstechers: “Ich habe sie getötet weil ich arm bin”

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10. September

Die im Genfer Hotel Beau Rivage abgestiegene Gräfin von Hohenembs war schon neunmal in Genf, sie liebte es dort in der Natur zu wandern.

Am bewussten Nachmittag wollte sie eine Bootsfahrt machen. Die 60 jährige Gräfin musste Dampfschiff nach Territet bekommen, das um 13.40 Uhr ablegt.

Mehr zufällig wurde sie Opfer, denn eigentlich sollte jemand anderes erstochen werden. Der Täter war ein 25 jähriger Italiener, ein Gelegenheitsarbeiter der sich selbst als Anarchist bezeichnete.

Die Gräfin jedenfalls fiel zu Boden auf den Rücken, als der Täter zustach. Mit einer spitz zugeschliffenen Feile, mit einem eigens angebrachten festen Holzgriff, stach er auf die Brust der Gräfin ein. Diese Vorgehensweise hatte er bereits geübt und er wusste was er tat und an wem er es tat.

Die Gräfin rappelte sich wieder auf und beeilte sich an Bord des Schiffes zu kommen, was um 13:40 h ablegen sollte, wo sie allerdings dann zusammenbrach. Das Schiff eben erst abgelegt drehte sofort wieder um.

Bewusstlos sank sie zu Boden und starb drei Stunden später im Spital. Ein einzelner Stich in den Herzbeutel, fügte ihr eine 85 mm tiefe Stichwunde zu.

Der Täter wurde noch am Tatort festgehalten durch Passanten und der Polizei übergeben.

Der Polizeichef von Genf hatte die Gräfin mehrfach darauf hingewiesen, wie gefährlich es sei, dort allein herumzuwandern, denn ihm war sehr wohl bekannt, dass es sich um niemand geringeres handelte als Elisabeth Amalie Eugenie, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, besser bekannt als SISSI.

Da die Presse sie bereits mehrfach enttarnte, war ihr “Ingoknito” nicht mehr gegeben und auch der Täter wusste wen er vor sich hatte.

Als man der Kaiserin im Spital das Mieder öffnete, fand sich ein winziger bräunlicher Fleck aufd er linken Brust. Die Kaiserin fragte noch: “Was ist denn eigentlich geschehen?” Doch um 14:40 Uhr verstarb die 60 jährige Monarchin, weil das eigentliche Opfer von Luigi Lucheni die Reise abgesagt hatte.

“Ich würde gern jemanden töten, aber es müsste eine sehr bekannte Persönlichkeit sein”

Sein Opfer sollte Prinz Henri Philippe Marie d’Orléans sein, der jedoch seinen Besuch in Genf kurzfristig absagte.

Am Vormittag unternahm die Kaiserin mit ihrer Begleiterin einen Stadtbummel. Sisi kaufte einen Musikautomaten (“Ariston”), dazu 24 Platten für die Enkel. Die Frauen besuchten eine Konditorei, aßen Eis, erwarben Bonbons.

“Ich würde die Tat noch einmal begehen.” Mit dem Satz “Ich glaube an die Propaganda durch die Tat” stilisierte sich Lucheni zum Anarchisten.

Wäre Lucheni, der zufällig zum Feind der Monarchie wurde, nur fünf Minuten mit Sisi ins Gespräch gekommen, hätte er erkannt, dass er sich das völlig falsche Opfer ausgesucht hatte: Die „Kaiserin wider Willen“ (wie ihre Biografin Brigitte Hamann sie nennt) verabscheute den Hof ebenso sehr wie ihr Mörder.

“Ich bin erwacht in einem Kerker, und Fesseln sind an meiner Hand”, schrieb die Kaiserin 1854, nur zwei Wochen nach ihrer Hochzeit mit Franz Joseph. Sisi hielt die Monarchie für einen Anachronismus und schockierte ihre Umgebung gern mit dem Satz: “Ich hörte, dass die zweckmäßigste Regierungsform die Republik sei.”

„Nun ist es gekommen, wie sie es immer wünschte, rasch, schmerzlos, ohne ärztliche Beratungen, ohne lange, bange Sorgentage für die Ihren.“ schriebdie jüngste Kaisertochter Marie Valerie.

Nach nur einem Prozesstag wurde Lucheni zu lebenslanger Haft verurteilt.

Wie seine erst 1998 veröffentlichten Memoiren zeigen, war der Sisi-Mörder eher ein vom Leben enttäuschter Mensch.

Ein von den Eltern verstoßenes Findelkind, das in Armut aufwuchs und nie die Aufmerksamkeit bekam, nach der es gierte.

Er vegetierte fortan in Dunkelhaft und erhängte sich am 19.10.1910 mit einem Gürtel.


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