Dem Berggorilla geht es wieder besser. Auch die Bestände von Finn- und Westlichem Grauwal haben sich dank des internationalen Walfangverbots und konsequenter Schutzbemühungen erholt. Andere Arten jedoch taumeln weiter dem Aussterben entgegen – darunter der Amazonasflussdelfin sowie Teile der südostasiatischen Vogelwelt. Das geht aus der am Mittwoch durch die Weltnaturschutzunion IUCN veröffentlichten aktualisierten Roten Liste für bedrohte Tier- und Pflanzenarten hervor. An der Gesamtlage hat sich allerdings laut Naturschutzorganisation WWF nichts verändert. Das größte, menschenverursachte Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier schreite unvermindert voran – und bedroht laut WWF auch das Wohl des Menschen. So zeigt die neue Rote Liste auch, dass weltweit Fischarten durch Übernutzung zurückgehen, einige inzwischen sogar vom Aussterben bedroht sind. Eine Entwicklung, mit gravierenden, negativen Folgen für die Ernährungssicherheit vieler Millionen Menschen.
“Einzelne Erfolge beim Artenschutz dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns in einem dauerhaften, ökologischen Ausnahmezustand befinden. Die weltweite biologische Vielfalt ist durch den Menschen in einem ständigen Krisenmodus gefangen”, erklärt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland auch mit Blick auf die derzeit stattfindende Konferenz zum Schutz der biologischen Vielfalt (CBD) im ägyptischen Sharm-El-Sheikh. “Berggorilla, Finn- und Grauwal zeigen aber erfreulicherweise auch: Wenn entschlossen gehandelt wird, kann Naturschutz erfolgreich sein. Umso tragischer, dass auf vielen Ebenen der politische Wille fehlt, geeignete Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt unseres Planeten zu ergreifen. Die Staaten müssen ihre eigenen Bekenntnisse endlich in die Tat umsetzen.” Bis 2020 haben sich die 196 CBD-Länder auf dem Papier viel vorgenommen. So soll unter anderem der Verlust an natürlichen Lebensräumen halbiert und die Überfischung der Weltmeere gestoppt werden. Ausgerechnet letzteres Ziel ist laut der neuen Roten Liste in weiter Ferne.
“Das Erreichte ist mager und wird den unglaublichen Dimensionen des Massenaussterbens nicht gerecht”, kritisiert Heinrich die bisherigen Ergebnisse. Die Hälfte der Mitgliedsstaaten hat beim Erhalt von Lebensräumen für Pflanzen und Tiere keine Fortschritte gemacht oder vermeldeten sogar Rückschritte. Ähnlich unbefriedigend sieht es beim Kampf gegen die Überfischung der Ozeane oder beim Schutz der Korallenriffe aus. Der WWF fordert ein “Paris-Abkommen für Mensch und Natur” – getrieben von den Staats- und Regierungschefs persönlich und unterfüttert mit ambitionierten Zielen, funktionierenden Prüfmechanismen und konsequenter nationaler Umsetzung. Christoph Heinrich: “Politik und Wirtschaft brauchen eine Anschubhilfe. Eine starke, globale Bürgerbewegung für die Vielfalt des Lebens auf dieser Erde kann den entscheidenden Unterschied machen. Wir müssen jetzt über Grenzen hinweg unsere zivilgesellschaftlichen Kräfte bündeln, um das Blatt zu wenden.”
Hintergrund
Berggorilla: Der Status der Berggorillas auf der Roten Listen hat sich, dank länderübergreifender Schutzmaßnahmen, von “Vom Aussterben bedroht” auf “Stark gefährdet” verbessert. Schätzungen aus 2018 gehen von 1000 Tieren aus. Trotzdem gibt es keine Entwarnung. Neben intensiver Landwirtschaft ist der Berggorilla durch Wilderei bedroht. Für Gorillas engagiert sich der WWF bereits seit 1961 in vielen Projekten. In deren Rahmen werden in den Gorilla-Gebieten Wildhüter ausgebildet und naturschonende Arbeitsmöglichkeiten für die dort lebenden Menschen entwickelt.
Finn- und westliche Grauwale: Die Zahl der Finnwal ist auf etwa 100.00 Tiere angestiegen, weshalb der Wal jetzt als “Gefährdet” eingestuft wird. Auch die westliche Population des Grauwals hat sich von “Vom Aussterben bedroht” auf “Stark Gefährdet” verbessert. Durch internationale Fangverbote konnten die Populationen wieder anwachsen. Der WWF unterstützt Projekte zum Schutz bedrohter Walarten – zum Beispiel durch Förderung von Walschutzgebieten, Entwicklung von Maßnahmen gegen unbeabsichtigten Beifang von Walen in Fischernetzen oder durch Studien über den Einfluss der Meeresverschmutzung auf die Wale.
Überfischung: Die Fischerei plündert die Weltmeere. Deren Reichtum schien lange Zeit unerschöpflich – eine Illusion, denn Fisch ist nicht in unbegrenzten Mengen vorhanden. Die weltweite Überfischung gilt heute als eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit der Meere und das Überleben seiner Bewohner. Schon heute sollten wir vier Fünftel aller Fischbestände eher schonen anstatt sie weiter intensiv und an der Grenze ihrer Belastbarkeit zu befischen. Ein gutes Management lässt sich auch durchsetzen, wenn Verbraucher und Händler die Weichen richtig stellen: Wer Fisch aus nachhaltigem Angebot bevorzugt, lenkt den Markt ein Stück weiter hin zur naturverträglichen Fischerei, damit auch in vielen Jahren noch Fische und Meeresfrüchte im Angebot sind. So zeigt etwa der WWF-Einkaufsratgeber Fische & Meeresfrüchte, welche Fischprodukte unbedenklich sind und von welchen man derzeit lieber die Finger lassen sollte.
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