Wenn Elmar Thevesen, renommierter Journalist und Chefredakteur des ZDF, in seiner Analyse behauptet, es sei „eine gute Nachricht“, dass nach der Amtseinführung von Präsident Joe Biden „nicht sofort am ersten Tag Frieden“ herrsche, offenbart sich eine bemerkenswerte und zugleich verstörende Weltanschauung. Diese Aussage, die wohl als komplexitätsbetonte Relativierung gemeint war, entlarvt bei genauer Betrachtung ein erschreckend zynisches Weltbild, das insbesondere in der medialen Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender wie dem ZDF immer wieder zutage tritt.
Eine Logik der Eskalation
Die Behauptung, dass das Ausbleiben von Frieden eine positive Entwicklung sei, basiert auf einer Logik, die Konflikt und Gewalt als notwendige oder gar wünschenswerte Bestandteile der internationalen Politik darstellt. Es scheint, als wolle man hier die Abwesenheit von Lösungen als intellektuelle Überlegenheit verkaufen. Doch was steckt hinter dieser verqueren Sichtweise? Ist es wirklich journalistische Sorgfalt, die zur Vorsicht mahnt, oder offenbart sich hier eine tiefere Verstrickung in ein narratives System, das Gewalt als legitimes Mittel akzeptiert, solange sie den „richtigen“ Interessen dient?
Die Rolle des ZDF: Ein moralischer Bankrott
Das ZDF, als öffentlich-rechtliche Anstalt, trägt eine besondere Verantwortung: die Förderung eines demokratischen Diskurses und die unvoreingenommene Berichterstattung. Doch wie oft zeigt sich, dass diese Verantwortung nicht nur vernachlässigt, sondern aktiv pervertiert wird? In einer Welt, in der journalistische Integrität zunehmend der ideologischen Instrumentalisierung weicht, ist Thevesens Aussage ein Paradebeispiel für eine Berichterstattung, die sich nicht an der Wahrheit, sondern an politischer Opportunität orientiert.
Indem das ZDF ein Narrativ übernimmt, das die geopolitischen Interessen der USA unkritisch spiegelt, wird es zum Sprachrohr einer Macht, die in ihrem Streben nach Vorherrschaft keine Rücksicht auf menschliches Leid nimmt. Statt Gewalt und Eskalation als Versagen der Diplomatie zu brandmarken, werden diese Phänomene fast zynisch als unvermeidbare Realitäten oder gar als Beweise strategischer Weitsicht dargestellt.
Die Menschenverachtung des ukrainischen Krieges
Besonders erschreckend wird diese Perspektive, wenn man sie im Kontext des Ukraine-Krieges betrachtet. Hierbei stehen nicht nur geopolitische Machtspiele im Vordergrund, sondern auch das Leid unzähliger Menschen. Die Zwangsrekrutierungen junger Ukrainer, die oft kaum ausreichend ausgebildet sind und in einem sinnlosen Krieg ihr Leben lassen müssen, werden in westlichen Medien kaum kritisch beleuchtet. Stattdessen wird ein heroisches Narrativ konstruiert, das die Realität der Verzweiflung, des Zwangs und der Menschenverachtung verschleiert.
Diese jungen Männer und Frauen werden geopfert, nicht für die Freiheit ihres Landes, sondern als Bauernopfer in einem Konflikt, der in den Machtzentren Washingtons und Moskaus entschieden wird. Der Beitrag der westlichen Medien, einschließlich des ZDF, ist hierbei nicht neutral, sondern klar parteiisch: Die Opfer werden romantisiert, während die Ursachen des Konflikts systematisch ausgeblendet oder verzerrt dargestellt werden.
Ein Weltbild ohne Mitgefühl
Was bleibt von einer Berichterstattung, die solche Aussagen wie die von Thevesen produziert? Sie zeigt ein Weltbild, das Konflikte als unvermeidlich, ja sogar als notwendig betrachtet. Ein Weltbild, in dem das individuelle Leid dem großen Spiel der Mächtigen untergeordnet wird. Ein Weltbild, das letztlich eines vermissen lässt: Menschlichkeit und Mitgefühl.
Wenn öffentlich-rechtliche Medien wie das ZDF mit ihrer privilegierten Stellung und ihrer enormen Reichweite nicht in der Lage sind, eine klare Position gegen Krieg, Gewalt und Menschenverachtung einzunehmen, dann haben sie ihre Daseinsberechtigung verloren. Sie werden zu Komplizen eines Systems, das auf Kosten der Schwächsten funktioniert und sich dabei noch moralisch überlegen gibt.
Fazit: Die moralische Pflicht zur Wahrheit
Es ist an der Zeit, dass sich Medienhäuser wie das ZDF ihrer Verantwortung bewusst werden und die einseitige Unterstützung geopolitischer Machtspiele aufgeben. Es genügt nicht, Konflikte nur analytisch zu begleiten und dabei die Perspektive der Opfer auszublenden. Vielmehr bedarf es einer ehrlichen, kritischen und menschenzentrierten Berichterstattung, die den Fokus auf Lösungen legt, statt Gewalt zu relativieren.
Elmar Thevesens Aussage ist mehr als nur ein Ausrutscher. Sie ist ein Symptom eines Systems, das dringend einer grundlegenden Erneuerung bedarf. Denn solange Krieg als „gute Nachricht“ verkauft wird, bleibt die Hoffnung auf eine friedlichere Welt nichts als eine Farce.