NABU: Verhandlung zur Fehmarnbeltquerung startet am Bundesverwaltungsgericht

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Heute, am 22. September 2020, beginnt die Verhandlung der NABU-Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zur Festen Fehmarnbeltquerung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Angesichts der prognostizierten Verkehrsmengen von täglich nur rund 12.000 Fahrzeugen (Elbtunnel: 160.000) ist dieser Absenktunnel, für den in 100 Meter Breite, 30 Meter Tiefe und 18 Kilometer Länge Meeresgrund aufgerissen und zubetoniert werden, völlig überdimensioniert und aus der Zeit gefallen. Der geplante Tunnel führt mitten durch ein Meeresschutzgebiet, ausgewiesen für artenreiche Riffe und Sandbänke – einer der letzten Rückzugsräume für Schweinswale, Seehunde, seltene Schwämme und Muscheln.

„Knapp 100.000 Bundesbürger unterstützen unsere Forderung, den Tunnelbau zu stoppen“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Sie fordern Verkehrsminister Andreas Scheuer auf, das Projekt noch einmal zu überdenken und gemäß Artikel 22 des Staatsvertrags mit seinem dänischen Kollegen neu zu verhandeln: „Klimakrise, Artenkrise und das Konzept der Mobilitätswende finden keinerlei Berücksichtigung im Projekt.“ Dieses folge allein der Idee des Straßenverkehrswachstums.

„Die Mängel im Planfeststellungsbeschluss müssen aufgearbeitet werden“, so der NABU-Präsident weiter. Die kritische Lage des Schweinswals im Schutzgebiet Fehmarnbelt müsse bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt werden und schließe eine jahrelange Baustelle aus. „Die Kulisse wertvoller Riffe hat sich seit den ersten Tauchgängen, die der NABU im Sommer 2019 beauftragt hat, und den darauf folgenden Untersuchungen des Landes deutlich verändert“, fügt Dr. Kim Cornelius Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz, hinzu. „Gleich vier neue Riffe liegen unmittelbar an oder auf der Trasse, blieben aber in der Genehmigung unberücksichtigt. Hier stellt sich die Frage, wie sich der drohende Umweltschaden dadurch verstärkt, und ob das Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerk in den schleswig-holsteinischen Gewässern nicht angepasst und die Tunneltrasse unter Schutz gestellt werden muss.“ Die Genehmigung dürfe auch die Augen vor möglichen Munitionsaltlasten nicht verschließen.

Bis zum 2. Oktober 2020 ist das größte deutsche Umweltrechtsverfahren festgesetzt. Gegen Ende des Jahres wird die Urteilsverkündung erwartet.

Hintergrund und Chronik in Kürze:

Vor 25 Jahren, also noch zur Regierungszeit Helmut Kohls, beginnt die Planung des Ostseetunnels mit ersten Machbarkeitsstudien. 2008 wird zwischen Dänemark und Deutschland ein Staatsvertrag zum Bau der Fehmarnbeltquerung geschlossen. Damals noch als Schrägkabelbrücke geplant, kommt 2011 die Tunnel-Entscheidung. Das Amt für Planfeststellung des Landes Schleswig-Holstein gibt im Januar 2019 Vorhabenträger Femern/AS grünes Licht für den Bau Europas größten Infrastrukturprojekts. Der NABU klagt im April 2019 gegen den Planfeststellungsbeschluss, schätzt den ökologischen Schaden durch den Tunnelbau im Meeresschutzgebiet als verheerend und unverhältnismäßig ein. Im September 2019 nach Taucharbeiten die Bestätigung: Sie weisen mehrere Quadratkilometer große Riffstrukturen nach – genau dort, wo der Fehmarnbelt-Tunnel gebaut werden soll. In den Gutachten von Femern A/S fanden sich 2013 noch Hinweise auf solche Riffe, in der eigentlichen Umweltverträglichkeitsstudie wurde daraus Feinsubstrat – also Sand oder Schlick. Die Zerstörung kostbarer artenreicher Riffe wurde also nie geprüft.

Die unwiederbringliche Zerstörung des einmaligen Ökosystems durch den Bau des Absenktunnels wiegt umso schwerer, als dass der Bedarf dafür fehlt. Der Verkehr kann mühelos über die bestehenden Straßen- und Schienenverbindungen über Land, Brücken und Fähre abgewickelt werden. Der NABU fordert daher einen Ausstieg aus dem Projekt. Sollte dies politisch mit unseren dänischen Nachbarn nicht durchsetzbar sein, muss nach Einschätzung des NABU zwingend die ökologisch verträglichste Tunnelvariante gebaut werden: Ein bergmännisch gebohrter Eisenbahntunnel.

 

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Original Content von NABU

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