Buchbranche: Der WINDSOR-Verlag und die schlampige Staatsanwaltschaft Köln

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Wir fragen uns wie Cum-ex und Wirecard AG funktionieren konnten. Überhaupt behördlich alljährlich begleitet werden konnten. Mit dutzenden von benötigten Unterschriften, Testaten und Prüfungen.
Und dann die nächste Frage, wie so etwas Verjähren kann, wenn es denn herausgekommen oder aufgefallen ist. Warum Ermittlungen nach Jahren im Sand verlaufen. Gerichte so lange brauchen, bis wirklich alles verjährt ist und straffrei bleibt.
Eine Möglichkeit sind Rechtsanwälte, die „ihr Geld wert sind“. Oder auch Lobbyisten, die auch nicht schlecht dabei verdienen gewisse Leute dazu zu bewegen etwas langsamer zu arbeiten. Etwas Sand ins Getriebe der sog. „Rechtsprechung“ zu streuen.
Mitunter ist es auf Täterseite auch gut in der Politik gewissen Mitwisser bis Mittäter zu haben. Auch das ist bekannt und wird gerade Olaf Scholz zum Vorwurf gemacht.

Was ist aber, wenn das alles nicht zutrifft. Wenn kein Politiker, keine Behörde und auch kein gegnerisches Anwaltsrudel für den „Sand im Getriebe“ sorgt. Dann bleibt als einzig möglicher Schluss Unfähigkeit oder Faulheit seitens der Ermittlungsbehörden. Und manchmal wird soetwas dann auch noch per Unterschrift beglaubigt. Wie im WINDSOR-Fall, der letztlich ein schönes Beispiel dafür ist, wie kriminelle Energie durch Behördenversagen beflügelt – überhaupt erst möglich! – wird.

Der WINDSOR-Verlag war ein Half-and-Half-Publishing-Verlag, der 2012 aggressiv aus den USA auf den europäischen Markt vordrang, Autoren suchte, fand und deren Werke verlegte. Über 750 Titel sind allein bei der Deutschen Nationalbibliothek gelistet. Tausende weiterer Titel weltweit.

Der Autor, selbst betroffen, schrieb dazu einen umfangreichen Artikel (HIER), der einerseits andere betroffene Autoren suchte und fand, sowie andererseits auch den Ermittlungsbehörden als Vorlage diente. In Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sogar bis nach Montevideo reichte die Liste betroffener Autoren.

Die europäische Residenz war angeblich in Hamburg in bester Lage an der Binnenalster. Nur war der Verlag da nicht bekannt.
Nachfragen bei den Finanzämtern hinsichtlich von WINDSOR dort anhängigen Steuervereinbarungen blieben nicht nur unbeantwortet; sie wurden gar nicht erst bearbeitet! Noch nicht einmal dann, als sich Anfragen von Autoren und Steuerberater häuften, die nun irgendwie die steuerlich vom Verlag ausgewiesenen Tantiemen (Einnahmen) in die individuellen Steuererklärungen der Autoren aufnehmen mussten.
Hier würde dann spätestens der steuerzahlende Bürger meinen, dass das Finanzamt mal jemanden vorbeischicken würde. Zu einem Verlag in Hamburg, der von dort munter seine Geschäfte machte.
Vielleicht mal die Gewerbeanmeldung kontrollieren? Fehlanzeige. Fand nicht statt. Mal anrufen? Ging nicht, da keine Nummer angegeben war. Man war ja auch ein digitaler Verlag. Der Beste in Europa. So die aggressive Werbung.
Dann könnte man als Behörde ja mal da nachfragen, wo denn der Verlag drucken ließ. BoD lag gleich um die Ecke. Doch auch dort wurde man als Gewerbeaufsichtsamt oder Finanzamt niemals tätig.
So dümpelte es bis 2018 vor sich hin bis dann die Luft zu heiß wurde. Zumal Tantiemen nicht ausgezahlt wurden und das Finanzamt Norderstedt nun wirklich mal Druck machte. Nicht weil es zuständig war, sondern wohl da das Finanzamt Bad Segeberg, wo all die Anfragen aufliefen, nicht zuständig war. Dauer dieser Einsicht: etwas über fünf Jahre!

Auf Initiative des Autors schlossen sich dutzende Autoren weltweit zusammen, und recherchierten. In Kooperation mit Behörden, anderen Medien und neu auftauchenden Betroffenen. Bis nach Panama, wo wohl das Geld versickerte.

Dass es auch keine Gewerbeanmeldung des WINDSOR-Verlages in den USA gab, sei nur mal angedeutet. Immerhin aber ein Grund warum deutsche Gerichte dann doch nach monatelangem Rechtsstreit die Autorenrechte den Autoren wieder komplett zuerkannte. Ein einsamer Sieg in dunkler Nacht…

Da der Verlag in Hamburg ansässig war, war auch die Staatsanwaltschaft in Hamburg zuständig. Und da aus ganz Deutschland die Klagen eintrudelten war dann auch das LKA in Hamburg schnell zuständig gemacht. Auf dem Papier. Rein verwaltungstechnisch. Denn gemacht wurde nicht viel. Man gab den Fall dann an die Generalstaatsanwaltschaft nach Köln ab. Immerhin wohnte in Köln der Kläger, der auch so dreist war die Steuerfahndung in Köln zu informieren. Nachdem sein Finanzamt in Köln-Porz auch nichts machen wollte. Trotz diverser Hinweise schriftlich belegbarer Art.

Nun, nach all diesem behördlichen Engagement, mit zahllosen Hinweisen aus dem Rechercheaufkommen, die in Absprache eben NICHT veröffentlicht worden sind, um eben die Ermittlungen nicht durch Bekanntgabe von Spuren zu torpedieren, erreichte just zum Geburtstag des Autors ihn folgende Nachricht der Staatsanwaltschaft Köln.

Abb.: Schreiben der Staatsanwaltschaft Köln

Da hier explizit nach weiteren Anhaltspunkten gefragt wird, die eine Weiterverfolgung zur Klärung der Straftat ermöglichen, soll Ansprechpartner und direkte Erreichbarkeit mit Aktenzeichen möglichen Informanten nicht vorenthalten werden.

Allein der aufgeführte Tatvorwurf ist ein Witz. Es geht um gewerbsmäßigen Betrug, Steuerhinterziehung, Abrechnungsbetrug, Falschbeurkundung und drei oder vier weitere Vergehen unbedeutender Art. Doch das soll nicht weiter stören, da das Schreiben an sich das Niveau eines mittelmäßigen Jura-Studenten im Praktikum hat, dem gewissen Teile ohnehin fehlen.

Dass an dieser Stelle andere weiter sind, überrascht nicht. Betroffenheit schafft Leidenschaft. Und diese hat dann dort Erfolge, wo eine Staatsanwaltschaft sich lieber in Zurückhaltung übt. Ob aus Faulheit oder Inkompetenz darf sie selbst entscheiden.

Während die Staatsanwaltschaft nun nichts tat, gelang es einem Rechercheteam durch zwei Gedanken den Tätern auf die Spur zu kommen. So komische Ideen wie: Folge dem Geld und folge dem Geschäftsprozess.
Letzte hängt an dokumentierten Unterschriften. Die Spur des Geldes führte via Panama in die Schweiz…

So funktioniert also das, was als Wirtschaft 4.0, Digitalisierung und New Business angepriesen wird. Besonders wenn es auf eine Justiz (minus) 2.0 trifft, die weder die Kompetenz, noch das Personal oder auch nur den Willen hat sich dieser digitalen Welt anzupassen. Sich der neuen Art des Verbrechens zu stellen.

 

Und das betrifft nicht nur so einen popeligen Verlag von vergleichsweise Kleinkriminellen. Vergleichsweise explizit an Cum-ex oder Wirecard gemessen.
Es betrifft alle und jeden, der im Netz handelt, tätig ist und hier Geschäfte machen will oder muss.

WER ist eigentlich mein Kontakt am anderen Ende der Leitung“,

ist eine Frage, die zu oft eben nicht (mehr) gestellt wird. Auch dazu schrieb der Autor einmal einen Fachartikel über die Chancen und Risiken dieser globalen Entwicklung (HIER).

Die Staatsanwaltschaft Köln zeigt, wie man es besser nicht macht. Sie zeigt, dass sie durchaus Willens ist sich durch jeden vorführen zu lassen, der nur genug digitale Straftatsbestandteile einzubauen bereit ist. Merke: je digitaler die Straftat desto wahrscheinlicher die Niederschlagung des Vorfalls an sich.

So werden Cum-ex und Wirecard verständlich. Sogar logisch nachvollziehbar. Für Geschädigte, Opfer, Gläubiger, Steuerzahler und auch jeden ehrlichen Bürger. Oder auch das Netzwerk der Pädophilen im Netz. Auch so ein Thema widerwärtiger Inkompetenz.

 

 

Nun denn: Frau Höffner, die Staatsanwältin aus Köln, braucht Hilfe, um weiter ermitteln zu können. Das „Wollen“ unterstellen wir einmal. Aus reiner Höflichkeit heraus – einer Frau gegenüber…

Andere sind da schon weiter. Hier ein paar Links dazu:

https://www.thekasaantimes.de/item/item/14091-der-schier-unglaubliche-windsor-verlag
https://thekasaantimes.at/item/item/7075-den-fantomen-des-windsor-verlages-auf-der-spur-teil-2
https://thekasaantimes.at/item/item/6658-liebesgruesse-aus-panama-und-von-der-alm-neues-vom-windsor-verlag-3
https://thekasaantimes.at/item/item/14091-der-schier-unglaubliche-windsor-verlag?fbclid=IwAR2vMr0r8i2nMz_1atSoY1vriDQPzbgOjD9amX5ZRgYctYvtk0xePIK4g8A


Rechtsbeistand für Autoren:

Kompetenz und Sachverstand gibt in dieser sehr unschönen Situation die Anwaltskanzlei Baumbach et Collegae, (Kaldenkirchener Str. 3, 41063 Mönchengladbach), die zahlreiche der Opfer von WINDSOR vertritt.
Allen Autoren sei dringenst angeraten ihre Autorenrechte an ihren Werken zurückzuholen. Allein schon deshalb, weil WINDSOR über Panama weiter die e-Books verkauft… Schöne neue Welt!

Und als Schlusssatz, für all die Autoren, die geschädigt wurden, die sich dem hilflos ausgeliefert fühlen:
Aufgeben ist keine Alternative für mich! Ich kriege die zwei (2!!) Hauptverbrecher aus Deutschland. Diese Einstellung hat für mich eine lange soldatische … Tradition. Sic!

Titelfoto: Yusuf Simsek: „WINDSOR-Verlag im Visier“, www.simsek.ch


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2Comments

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  1. 1
    Simone Nenke

    Was soll man dazu schreiben? Eines vieler Beispiele von behördlichem Versagen/Unvermögen/fehlendem Willen/politischem Einfluss………. Manchmal wünscht man sich auf eine kleine Insel ohne Nachbarn, mit einer Kuh, einem Schaf, ein paar Schweinen, einem Gemüsegarten usw.., aber wenn wir alle auf eine kleine Insel wollen………..??????

  2. 2
    Buchbranche: Der nicht existente WINDSOR-Verlag verkaufte bei Thalia munter weiter

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