Hitzige Podiumsdiskussion: Stadt erhöht Klimaschutzambitionen bei Kasseler Klimakrisengespräch

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Beim Kasseler Klimakrisengespräch am Donnerstagabend reichten bei rund 250 Teilnehmenden die Plätze bei Weitem nicht aus. Nach wissenschaftlichen Inputvorträgen entfachte sich auf dem Podium eine hitzige Debatte über den städtischen Klimaschutz. Eingeladen hatten die drei Organisationen Fridays for Future, Extinction Rebellion und Klimagerechtigkeit Kassel. Deren Vertreter*innen Eva Plath und Arvid Jasper diskutierten mit Harry Völler (SPD), Christine Hesse (Grüne), Violetta Bock (Linke), Volker Berkhout (Piraten/FDP/Freie Wähler) und Helena Schulz (CDU). Thema war insbesondere das bald auslaufende Klima-Ultimatum, welches von der Stadt den Startschuss für weitreichende Klimaschutzmaßnahmen einfordert. Ende Juni wurde es der Stadtpolitik vorgelegt und wird mittlerweile von 33 zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt. “Statt weiteren leeren Versprechen und Worthülsen brauchen wir bis Ende dieses Monats endlich das Bekenntnis zu umfassenden Sofortmaßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise”, erklärt Jasper die Zielsetzung.

Prof. Ernst stellte als stellvertretender geschäftsführender Direktor des Center for Environmental Systems Research (CESR) stellte zu Beginn der Veranstaltung eindrücklich klar, dass sich das Erdsystem kurz vor dem Überschreiten zahlreicher klimatischer Kipppunkte befindet. Werden diese überschritten, würde sich der Klimawandel mit seinen dramatischen gesellschaftlichen Folgen drastisch beschleunigen. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik Prof. Hoffmann legte einen 6-Punkte-Plan zur Emissionsminderung in Kassel vor. Deutlich boten die beiden Wissenschaftler der Politik die Expertise ihrer Institutionen an, um der Klimakrise auf lokaler Ebene Herr zu werden. Weitgehend einhellig wurde daher auf dem Podium die Forderung nach der Einrichtung eines Kasseler Klimarats aufgenommen. In diesem sollen Wissenschaft, Zivilgesellschaft und die Stadt gemeinsam Maßnahmen entwickeln, um das Megaprojekt des klimagerechten Gesellschaftswandels rasch anzupacken. SPD und Grüne kündigten einen entsprechenden Beschluss bereits für die nächste Stadtverordnetenversammlung in eineinhalb Wochen an. “Es braucht definitiv ein solches Kontrollgremium, das die Einhaltung der gesteckten Klimaziele überwacht und die riesige Expertise, die in Sachen Umwelttechnik in Kassel vorhanden ist, endlich der Politik zugänglich macht”, kommentiert Gregor Anselmann von Extinction Rebellion.

Auf den Druck der Zivilgesellschaft hin hat sich nach den Linken und Grünen im Verlauf der Veranstaltung auch die SPD zu dem deutlich verschärften Ziel von Klimaneutralität 2030 für Kassel bekannt. Zusammen mit der Ausrufung des Klimanotstands soll dies ebenfalls in der nächsten Sitzung beschlossen werden. Unter regelmäßigen Zwischenrufen wurde daraufhin kontrovers diskutiert, inwiefern die Stadt Sofortmaßnahmen in Höhe von 10 % Emissionsreduktion bis Ende 2020 umsetzen kann. Gestritten wurde darüber, ob das klimaschädliche Kohlekraftwerk der Städtischen Werke bereits binnen weniger Jahre ohne Kohle betrieben werden soll. Breite Unterstützung fand die Idee einer umfassenden Sanierungskampagne für Gebäude, wie es z.B. die Stadt Bottrop vorgemacht hat. Ein mit dem 365€-Ticket entweder deutlich vergünstigter oder gar kostenloser Nahverkehr wurde von allen Parteien außer der CDU vorgeschlagen. Am Rande der Veranstaltung kündigte der Piratenpolitiker Berkhout an, die Auto-Stellplatzpflicht bei Neubauten abschaffen oder in eine Fahrrad-Stellplatzpflicht umwandeln zu wollen. Diese Ideen sind jedoch bislang völlig unverbindlich, denn aktuell bekennen sich nur die Grünen und Linken dazu, den Magistrat mit solcherlei Sofortmaßnahmen zu beauftragen.

“Nach der Veranstaltung bleibt das Gefühl, dass die Stadtpolitik dringend Nachhilfe in ihrer völlig unzureichenden Klimapolitik braucht”, schließt Eva Plath von Fridays for Future. “Alle vergangenen Maßnahmen und alle heutigen Planungen sind meilenweit von dem entfernt, was zur Rettung unserer Zukunft nötig ist.” Entsprechend sind bereits weitere Proteste angekündigt.

TERMINE:

  • Am 26.8. werden sich zahlreiche Menschen vor der Stadtverordnetenversammlung für das ablaufende Klima-Ultimatum versammeln.
  • Am 30. August (18 Uhr ab Fridericianum) widmet die Critical Mass sich mit hunderten Radler*innen der Klimakrise.
  • Am 20.9. ruft Fridays for Future zu einem großen Klimastreik auf.
  • Vom 26. bis 28. September soll dann ein Kasseler Klimacamp stattfinden, in dessen Rahmen mit Weiterbildung, Vernetzung und Aktionen der Druck auf die Stadt weiter steigern wird. Eine Übersicht zu den Veranstaltungen findet sich auf www.klimagerechtigkeit-kassel.org

Klimagerechtigkeit Kassel


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