General Curtis LeMay: der Schlächter von Dresden und Tokyo

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Heute jährt sich wieder einmal das Final von Dresden. Der Tag, an dem die alte Stadt im Feuersturm unterging. Unersetzliche Kunstschätze verloren gingen, die berühmte barocke Altstadt in Asche versank und eine bis heute unbekannte Anzahl von Menschen lebendig verbrannte.

Vom 13. bis 15. Februar 1945 griffen US-amerikanische und britische Bomberflotten die ostdeutsche Großstadt an. Sie war ein regionaler Knoten für den Transport nach Osten an die Front, für die regionale Wirtschaft und als Durchgangsstation für die Abertausenden Flüchtlinge, zumeist Frauen, Kinder und Alte, die vor der schnell vorrückenden Roten Armee geflohen waren.

Dresden hatte zwar Rüstungsbetriebe, doch waren diese schon Anfang 44 zum großen Teil und wenn immer möglich ausgelagert worden. Die Angriffe auf das Ruhrgebiet, Hamburg und den Rhein-Main-Raum hatten Rüstungsminister Albert Speer dazu bewegt alle Industrie zu dezentralisieren, so dass selbst 1000-Bomberangriffe wie in Köln und Hamburg erprobt, die Rüstungsindustrie kaum mehr treffen konnten.
Wirklich kriegswichtige Betriebe wurden seit Ende 1943 sowieso schon unterirdisch ausgebaut.

Dass Anfang 45 auch Ostdeutschland in Reichweite der stets vorrückenden Alliierten rücken konnte war spätestens nach der Landung der Alliierten in der Normandie (D-Day, 6.Juni 44) und den neuen Baumustern der Bomber bekannt, die immer größere Reichweiten hatten.
So kamen auch die Chemie- und Treibstofffabriken in Merseburg und die polnischen Industriegebiete zunehmend in den Fokus der Bombardierungspläne. Und als diese Anlagen zerstört waren kam praktisch jede andere bisher ausgesparte Stadt bis hinunter zu Klein- und Mittelstädten dran.

Somit rückte Anfang 45 das bisher nicht angegriffene Dresden auf der Zielliste ganz nach oben.

Seit Ende 1942 galten Großangriffe der Bomberflotten nicht mehr allein den Rüstungsbetrieben, sondern auch und vornehmlich den Wohngebieten der Arbeiter. Während die Rüstungsbetriebe zum Teil keine 24 Stunden ruhten und schnell wieder produzierten, dachte man, dass zerstörter Arbeiterwohnquartiere die Rüstung nachhaltiger lahmlegen würden. Man versuchte die Städte unbewohnbar zu machen. Und natürlich auch, nur sagte man das nicht so deutlich, um so viele unersetzbare Facharbeiter wie möglich zu auszuschalten.
Die Verantwortlichen nutzten den Begriff des Terrors zur Demoralisierung der Bevölkerung.
Nur funktionierte es nicht. Es förderte sogar den Widerstandswillen…

So sah man sich auf alliierter Seite genötigt die deutsche Rüstungsproduktion, die erst Ende 1944 – trotz aller Angriffe – ihren absoluten Höhepunkt erreichte, mit immer perfideren Mitteln zu treffen. Und mit ihr gerade und im Schwerpunkt auch die Bevölkerung.

Planungsstäbe perfektionierten die Angriffsstrategien und optimierten die Technik der Bombardierung an sich. Erzeugten bewusst Feuerstürme in den Städten, die als unlöschbar galten.
Eine klar aufeinander abgestimmte Reihenfolge der verwendeten Bomben schufen sich selbst weiterspeisende und sich verschlimmernde Feuerorkane, die mit bis zu 1600 Grad alles verschlangen was brennbar war.
Luftminen und Sprengbomben der ersten Welle legten die Dachstühle und das brennbare Material der Häuser frei, räumten die schützenden Dachschindeln weg.
Dann wurden 2kg-Brandbomben geworfen, die eben diese offengelegten Häuser in Brand setzten und ganze Stadtteile nacheinander in Flammen aufgehen ließen. Damals waren nur die Außenmauern aus Stein. Etagendecken und Treppen waren aus Holz, so dass die Häuser schnell brannten.
Dann wurden wieder kleinere Sprengbomben geworfen, die das Feuer anfachen sollten. Es wurde sogar ein sogenanntes Brandgel eingesetzt, das die Briten erfunden hatten, und mit Kanistern abgeworfen wurde. Der heutige Bezeichnung dafür ist Napalm.
So entstanden dann Feuerstürme, die den Sauerstoff verbrauchten und von Außen ansogen Das ganze Feuersystem begann sich sogar ähnlich einem Wirbelsturm zu drehen und entwickelte Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h…
Blei- und Kupferleitungen schmolzen wie auch der Asphalt auf der Strasse oder Dachrinnen aus Zink. Im Zentrum des Feuersturm verbrannten selbst die Ziegelsteine zu Staub.
Menschen in den Kellern und Luftschutzbunkern wurden geröstet, erstickten oder wurden lebendig mumifiziert.
Wer in Feuerlöschbecken sprang, um der enormen Hitze so zu entgehen, wurde in ihnen gekocht, denn das Wasser verdampfte in der Hitze komplett.
Wer immer auf der Straße war wurde innerhalb von Sekunden getötet und verbrannte zu Asche. Hiervon waren dann auch Feuerwehren, Bergekräfte und Sanitäter betroffen. Um sie zu stören wurden dann den Bomben Luftminen hinzugefügt, die mit Zeitzündern erst nach den Angriffen umsetzten. Teilweise erst Tage später. Der Gedanke dahinter war die Rettungskräfte zu behindern.

 

Quelle: USAF – Curtis E. LeMay als Chef der US-Luftwaffe

 

 

Einer der Erfinder und Befürworter dieser Strategie war der damalige erst 39jährige Brigadegeneral Curtis LeMay (HIER), der schnell in der wachsenden US-Luftwaffe Karriere machte.
General LeMay war ein Hardliner, der Besatzungen vor Kriegsgerichte brachte, die ohne ersichtlichen Grund Angriffe abbrachen.
Zum Verständnis: US-Bomberbesatzungen mussten nur 25 Kampfeinsätze fliegen und wurden dann entlassen. Was nach wenig klingt gelang in den ersten Kriegsjahren nur wenigen Besatzungen, da die Tagesangriffe auf das Reich pro Angriff bis zu 17% Verluste brachten. Allein an Bombern. Der Anteil bei den Besatzungen war noch größer. Einer der ersten Bomber, der seine 25 Einätze schaffte, war die B-17 „Memphis Belle“ am 19. Mai 1943 (HIER -Der Bomber steht heute im Museum und ist flugfähig erhalten worden).

 

 

Linke Seite der B-17 “Memphis Belle” mit Einsatzmakern und 8 dokumentierten Jägerabschüssen.

 

So plante LeMay dann auch maßgeblich den gestaffelten Angriff auf Dresden über mehrere Tage mit. Auch wenn er zu diesem Zeitpunkt schon ein anderes Kommando hatte, so war der Plan des Angriffs mit aus seiner Feder.

Das Ergebnis ist gut dokumentiert. Dresden war überfüllt mit Flüchtlingen, deren genaue Anzahl nicht mehr feststellbar ist. Dresden hatte damals nur die halbe Stadtfläche wie heute und es waren dort zum Zeitpunkt des Angriffs zwischen 1,2 und 2 Millionen Menschen, die dicht auf dicht in Notquartieren oder auf den Elbwiesen hausten und auf den Weitertransport nach Westen warteten.
Große betonierte Luftschutzbunker wie im Westen gab es nicht, denn der Reichsluftschutzbund hatte bis Ende 42 die Gefährdung auch ostdeutscher Reichsgebiete nicht auf dem Plan. Daher war die Luftschutzorganisation eher angedacht und ein reines Provisorium. Praktisch waren nur die Keller in den Häusern als Schutz hergerichtet und weiträumig Splitterschutzgräben ausgehoben worden.

Wiki: B29 werfen 1945 Bomben ab

 

Quelle: Archiv Frauenkirche – Zentrum Dresden 1945

 

Blick in einen Luftschutzkeller, in dem 243 Leichen gefunden wurden. Alle erstickt.

 

Quelle: Bundesarchiv_Bild:183-08778-0001, Dresden, Tote nach Bombenangriff Februar 45

 

Somit war Dresden de facto ungeschützt und quasi ideal für die im Westen perfektionierten Bombenangriffe. Das Verhängnis nahm seinen Lauf…

Diverse Videos: HIER

 

Die Verluste waren gewaltig. Bis dato aber nicht exakt verifizierbar, was es manchen Menschen einfach macht sie herunterzuspielen. Es gab sogar „Forscher“ an diversen Universitäten die hier höchstens 10-20.000 Tote recherchiert haben wollen.
Die zwei u.a. Quellen aus einem Buch lesen sich anders. Zumal beide Quellen keinen Grund gehabt hätten die Opferzahlen in ihren Berichten nicht korrekt wiederzugeben.

 

Kurt Kurowski, “Dresden Februar 1945”, Anlage XIV, S.216)

 

Mit dem Ende des Krieges in Europa wurde der nunmehrige Generalmajor Curtis LeMay in den Pazifik versetzt, um die dortigen Bombenoperationen gegen Japan zu optimieren.
Er führte persönlich oder kommandierte Angriffe gegen 67 Städte und die beiden Atomangriffe auf Hiroshima und Nagasaki.
Der weltweit furchtbarste Angriff mit konventionellen Bombern führte er am 10. März 1945 gegen Tokyo. Hier starben im Feuersturm mindestens 100.000 Menschen. Andere Quellen gehen von bis zu 300.000 Menschen aus.
Die in Japan übliche komplette Holzbauweise war für die in Europa perfektioniert Anfachung eines Feuersturms sehr empfänglich. Doch anders als in Dresden blieben noch nicht einmal Schuttberge zurück. Große Teile Tokyos brannten bis zur Erdkruste völlig ab…

 

Tokyo nach dem Angriff

 

Nach dem Krieg baute LeMay dann als jüngster Viersternegeneral, das Strategic Air Command (SAC) auf und zeichnete für die US-Atombombergeschwader verantwortlich, die er gnadenlos drillte.

Es muss ausdrücklich erwähnt werden, dass LeMay die Masse der von ihm kommandierten Angriffe auch selbst mitgeflogen hat. Er hat selbst Bomber durch die Abwehr gesteuert und mehrere fliegerische Weltrekorde errungen.
Die Schattenseite seines Charakters war aber eine gewisse Gnadenlosigkeit bis Brutalität in der Umsetzung von militärischen Vorgaben und Operationen. Für vergleichbare Handlungen kamen nach dem Krieg zahlreiche deutsche Generäle vor das Nürnberger Tribunal. Viele wurden eben deshalb nur milde bis gar nicht bestraft, weil es eben auch auf alliierter Seite Kommandeure wie LeMay gab, was das Gericht zur Kenntnis nehmen musste.

 

Innenstadt von Essen 1945, der Waffenschmiede des Reichs…

 

Hamburg 1945

 

Der Höhepunkt seiner Karriere war dann als Chef der US-Airforce in der Kubakrise (HIER), wo er Präsident John F. Kennedy unbedingt zu Luftangriffen auf Kuba drängen und die dort stationierten russischen Mittelstreckenraketen auch um den Preis eines weltweiten Atomkrieges angreifen wollte.
Die Weigerung Kennedys das zu tun führte bei LeMay zu einem dauerhaften Zerwürfnis mit den Brüdern Kennedy. Nach der Ermordung des Präsidenten kam er sogar aus dem Urlaub nach Dallas, um der “legendären Obduktion” des Präsidenten als Zuschauer beizuwohnen, bei der er genüsslich eine kubanische Zigarre paffte.

 

 

 Beratung im Oval Office: re. JFK, 2. von re. LeMay

 

Curtis LeMay versuchte nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst als Politiker Fuß zu fassen und scheiterte 1968 bei den Vorwahlen zur Präsidentschaft mit 13,5%. Er ist bis dato der einzige Kandidat dem es gelang mit einer Drittpartei in den Vorwahlen einen US-Staat für sich zu gewinnen, was für seine damalige Popularität spricht. Einer der Gründe, warum JFK ihn nicht einfach in der Kubakrise feuern konnte…

Er starb am 1. Oktober 1990 und ist auf dem Ehrenfriedhof der US-Airforce Academy in Colorado Springs bestattet.

 

 

 

Kleiner aktueller Exkurs:

Was das Gedenken in Deutschland zum Fanal von Dresden angeht so wurde  am 27.01.21 das Denkmal für die Opfer, das “Trauernde Mädchen im Tränenmeer”, geschändet.

Der Heidefriedhof in der sächsischen Stadt als Erinnerungsort sei darauf aufgebaut, „die deutsche und Dresdner Schuld an der nationalsozialistischen Barbarei zu verschleiern“, so die Aktivisten. Zudem gelte: „Deutschland und Dresden: Keine Opfer, sondern Täter!“

Der Dresdener OB sieht hier aber ausdrücklich keinen politischen Hintergrund, während der Staatsschutz bisher erfolglos ermittelt. Da die Bronzefigur an den Füßen abgeflext wurde und nicht mitgenommen wurde, könnte man auch ein Buntmetalldiebstahl ausschließen, was wohl die Ermittlungen des Staatsschutzes so überaus schwierig gestaltet …

 

Foto: picture alliance / Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa | Arno Burgi: Trauerndes Mädchen im Tränenmeer

 

 

 

 

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