Afghanistan: Die Taliban werden kein Geld machen und untergehen

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Nun ist es amtlich. Die Presse und Politiker haben erkannt, dass Afghanistan auch wertvolle Rohstoffe hat, die die Taliban ausbeuten könnten. Die Betonung liegt auf KÖNNTEN. Denn wenn das so einfach wäre, hätte das auch die ehemalige afghanische Regierung gemacht. Und nicht zu knapp.

In diesem Fall, hätten auch ausländische Unternehmen Schlange gestanden, um dort zu investieren. Haben sie das? Oder läuft das wie im Kongo in Zentralafrika?

2006 wurden im Oxus-Flussgebiet ergiebige Ölvorkommen entdeckt. Es gibt Kupferminen,  seltene Erden, Lapis und andere wertvolle Rohstoffe. Auch Edelmetallvorkommen.

Eine der wichtigsten Straßen von AFG im Bereich Kabul. Die Schlaglöcher sind bis zu 50cm tief und bis zwei Meter breit…

Doch anders wie im Kongo, und dort gibt es zumindest eine Eisenbahnlinie zum Meer, scheitet es in Afghanistan schon an den Straßen. Und wer so Bergbau betreiben will, hat da ein Problem. Massengüter erfordern Massenguttransporter (Schiff oder Bahn), um wirtschaftlich betrieben zu werden. Zwanzig Tonnen Kupfererz per Lkw 1500 km zu fahren lohnt nicht wirklich. Noch nicht einmal, wenn man das Erz umsonst bekommt. Und es ist illusorisch anzunehmen, dass ein Lkw in AFG auch nur 15 Tonnen über die Straßen bringt. Egal wohin und von wo kommend.

Wer also solche Gedanken hat, dass da jemand reich werden könnte, oder gar die Taliban, sollte mal etwas Richtiges lernen gehen. Solche Berichte sind schlicht Unfug. Es werden einzelne Gestalten reich werden, aber nicht Afghanistan an sich oder gar das afghanische Volk!

 

 

 

 

Waffen liegen reichlich herum, nur hapert es an der Wartung und an Fachwissen

Dazu kommt, dass ein qualifizierter Handel letztlich auch qualifizierte Strukturen voraussetzt, die unangefochten sind. Wie beispielsweise ein sicheres staatliches Hoheitsgebiet ohne innerstaatliche Grenzen, das nicht von Clanchefs und/oder Warlords segmentiert wird.
Und hier scheitern die Taliban schon von sich aus an einer homogenen Struktur.  

Mit der ehemaligen afghanischen Regierung hatte man noch ein gemeinsames Ziel, doch jetzt steht der individuelle Profit im Vordergrund. Das Verteilen der Beute. Und das sind denkbar schlechte Aussichten für wirklich gute Geschäfte in lohnendem Ausmaß.

Dazu kommt noch, dass die Taliban nun selbst die Regierung sind und Mittel zur Finanzierung des Staates aufbringen müssen. Ohne internationale Hilfe des Westens. Oder besser: GEGEN die Interessen des Westens!

 

So wird die Finanzierungsfrage der individuellen Eigeninteressen gegen die Notwendigkeit staatlicher Investitionen (Haushalt) zu relativieren sein. Ein Punkt, der in AFG nie geklappt hat. Darum auch das mittelalterliche Erscheinungsbild des Staates.
ALLES, was da jetzt ist, hat überwiegend der Westen mit hunderten Milliarden über 20 Jahre aufgebaut. Jede asphaltierte Straße, jede Stahlbetonbrücke und jede Stromleitung wurde nicht von Afghanen finanziert.

Daher werden die Taliban es nun sehr schwer haben ihre alten Einnahmequellen (Erpressung, Raub und Drogenhandel) zusammen mit den neuen Möglichkeiten (Zölle, Rohstoffe und Waffenhandel) auf eine volkswirtschaftlich nötige Ebene anzuheben.

Zudem gilt der Spruch: Der Herr gibt und der Herr nimmt!

 

Sprengfallen entlang der Straßen sind billig wirksam und verlustreich …

Als Guerilla-Bewegung, die mit der „Hit-and-Run“-Taktik gut gegen regulär kämpfende Truppen aufgestellt war, sitzt sie auch strategisch in der Falle. Als Staatsgewalt muss sie nun selbst in der Fläche präsent sein (HIER).
Grausamkeit zur Einschüchterung und offene Gewalt gegen die Opposition mögen helfen, aber unter dem Strich fördert man so nur den Widerstand. So man nicht bereit ist alle Gegner zu töten.

Der Westen und konnte es moralisch nicht, darum verlor er. Die Taliban würden gerne, tun es auch in gewissem Maßstab, aber sie müssen auf ihre internationalen Geldgeber und Partner Rücksicht nehmen.
Die Araber sind halt nicht mehr die Ölmogule der 70er. Die USA und Russland dominieren nun den Ölmarkt. Ergo ist Zurückhaltung angebracht.

 

Also werden oppositionelle Guerillas nun die Taliban so bekämpfen, wie sie es selbst mit ISAF und den afgh. Streitkräften machten. Und das ist schlecht für sichere Transportwege.

typisches afgh. Mohnfeld

Was bleibt ist der Waffen- und der Drogenhandel. Die Taliban verfügen nun über moderne und teure Waffen(systeme), die sie niemals richtig bedienen oder gar warten können.
Die erbeuteten US-Hubschrauber benötigen zudem einen Spezialtreibstoff, ständig neue Ersatzteile und Updates, die für Taliban nicht (billig oder auch nur marktkonform) zugänglich sind.
Und Luftfahrzeugtechniker mit Spezialausbildung für Blackhawks oder Drohnen sollten auch recht übersichtlich verfügbar sein. Ergo werden die Taliban solches Gerät verkaufen. Als Einmaleinnahmequelle.
Dazu kommen unzählige Infanteriewaffen aller Kaliber und Arten samt Munition, mit denen sie die Terroristen dieser Welt ausrüsten können.
Doch das reicht nicht für die Aufrechterhaltung staatlicher Aufgaben. Und schon gar nicht langfristig.

 

 

Traktoren mit denen 2006 die Mohnernte zerstört werden sollte…

Der Dogenhandel ist so hoch, wie noch nie. Entlang des Hellmand-River im Süden besteht das größte zusammenhängende Opiumanbaugebiet der Welt. Bisher die Haupteinnahmequelle von so ziemlich allen Akteuren in AFG.
ISAF musste hier mit Fingerspitzengefühl agieren, denn das Drogenvernichtungsprogramm hatte 2006 die militärische Eskalation herbeigeführt.
Solche Zurückhaltung gibt es jetzt nicht mehr.

 

 

 

 

 

Der Herr gibt und der Herr nimmt!

 

Alltag auf afghanischen Strassen. Überladen gibt es nicht…

Und da der Herr über das Himmelreich wacht, wären die Taliban gut beraten eben diesen Himmel sicher im Griff zu haben. Und hier scheitern sie. Die Luftherrschaft über AFG hat jeder, nur nicht die Taliban. Und auch in Sachen Luftabwehr sieht es eher schlecht aus, denn die ehemalige afghanische Armee musste hier mangels Bedrohung weder geschult noch ausgerüstet werden.

Und so darf man wetten, dass jede unliebsame Aktion der Taliban gewisse Sanktionen hervorrufen wird, die spürbar sind.

 

 

 

Nord- ist von Südafghanistan praktisch nur mit dem Salang-Pass verbunden. Es ist ein Nadelöhr und die wichtigste Verbindungsstraße, über die fast der gesamte Transitverkehr läuft. In über 5000 Meter Höhe verläuft eine oft nur einspurige Straße über Höhenrücken und an Felswänden entlangführend. Und dann ist da der Tunnel…

 

Tunnel in AFG, hier an der Straße zum Kyberpass nach Pakistan, der Lebensader…

Wer die Taliban ärgern will, muss nur diesen Tunnel zerstören und das Land ist zweigeteilt. Für Jahre!

Wer die Taliban ärgern will, muss sich nur um die Mohnfelder entlang des Hellmand-River kümmern. Auch hier gibt es Mittel und Wege.

Wer die Taliban ärgern will kann Regenwolken mit Silberjodid impfen. Entweder regnet es dann sintflutartig… oder gar nicht mehr.

Wer die Taliban klein halten will muss also nur zusehen, dass sie zwar zum Himmel aufschauen können, ihn aber nie erreichen. Oder gar beherrschen. Und das ist recht simpel. Denn dazu hat ihre Koranauslegung keine Lösung parat, die in unserer Welt auch nur eine Sekunde Bestand hätte.

Momentan sonnen sie sich in ihrem Sieg. Träumen ihre Luftschlösser in satten grünen Farben und leben auf ihrer grünen Wolke. Meinen ihre Gegner von einst erpressen zu dürfen. Mit Geiseln…

Sie vergessen aber, dass sie hier beispielsweise in einer geschichtlichen Linie mit Somalia stehen. Man half. Man investierte und als man einen Tritt bekam, verschwand Somalia von der Weltkarte der Hilfsbereitschaft. Ob da nun Millionen wieder hungern oder nicht, interessiert keinen mehr.
Und ebenso ist es nun mit AFG. Nur schlimmer. Denn man hat Rechnungen offen.

So sollten die Taliban verstehen lernen, dass sie zwar auf dem Boden tanzen dürfen, aber zwischen ihnen und dem himmlischen Paradies andere Luftfahrzeuge kreisen als die ihren.
Gesteuert von Leuten, die tausende Kilometer weit weg sind, den Joystick in der einen und einen Kaffeebecher in der anderen Hand halten. Die Füße bequem und entspannt abgelegt. Und nur auf ein simples GO wartend.

 

Surobi-Damm. Er versorgt Kabul mit Strom.

Das Kraftwerk am Surobi-Damm? Oder den Damm insgesamt? Oder den Tunnel am Salang?  Oder eine Ladung Entlaubungsmittel entlang des Hellmand-River?
Zusätzlich oder gar in Absprache mit den geförderten Guerillas, die nun die Taliban bekämpfen?

Und dann noch ein Gedanke, der besser schnell seinen Weg unter die Turbane der Sieger schaffen sollte. 1996 bis 2001 war es uns egal, wer da regiert. Nachdem es uns nicht mehr egal war, waren die Taliban in drei Wochen erledigt.

 

 

 

 

 

Stau an einer Stelle, wo die ursprüngliche Straße weggerissen wurde.

 

Provisorische Brücke entlang einer der Hauptverkehrsadern 2009 in Nord-AFG. Im Frühjahr werden Brücken und Straßen regelmäßig weggerissen.

 

Typische afgh. Straße nach der Schneeschmelze

 

 

Für all das sind nun die Taliban zuständig. Mit ihrem Geld. Und ihrem Fachwissen. – Inshallah!

SIC!

 

In Afghanistan gilt seit Jahrhunderten ein Satz: Nach dem Sieg ist vor der Niederlage!

 

 

Sollten solche medialen Hirngespinste wie die Meldung, dass die Taliban sich um Atomwaffen bemühen auch nur zu zehn Prozent wahrscheinlich werden, dann wird vermutlich der Plan B greifen, der ohnehin oft aus US-Kreisen zu hören war:

Afghanistan als glasierter Parkplatz, der im Dunkel von selbst leuchtet.

 

 

 

 

Auch noch:

Tanklaster in Kunduz 2009: Der Propagandaerfolg der Taliban geht tiefer… Er hat Tote gekostet!
Warum waren die Taliban militärisch so erfolgreich?

Abzug aus AFG: war es das wirklich alles WERT?
Was stimmt nicht beim KSK – vielleicht nur der Verdacht?
Bundeswehr lässt afghanische Hilfskräfte im Stich
Bundeswehr benennt EPA um
Der Schneeleopard von Feyzabad
Umbau der Bundeswehr als Friedensarmee bis 2030 beschlossen (Glosse)
Vertuschung als neustes Instrument der IT-Security
6 Millionen Corona-Schutzmasken verschwunden

 

 

Als Interessenverband für alle Einsatzveteranen ist der Bund Deutscher Einsatzveteranen e.V. (HIER). Er ist Ansprechpartner und Anlaufstelle für alle Kameraden, die Hilfe brauchen. Es wird jedem, sofort und  professionell geholfen werden, der durch seinen Dienst für die Bundesrepublik Deutschland zu Schaden kam.

Wir bitten unsere Leser um Spenden für die gute Sache und hoffen auf breite Unterstützung für die Kameraden!

Spendenformular HIER

Kostenloser Download des Erfahrungsberichtes eines traumatisierten Kameraden: Kunduz im Kopf

 

 

 

 

 

 

anno 2006: In Kabul ist alles doof!
anno 2021: Und nun auch die Regierung!

 

 

 

 

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