EHF Cup: Knapp aber verdient in Piräus gewonnen

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Die MT Melsungen hat im Men’s EHF Cup gegen den griechischen Vertreter Olympiacos SFP den Einzug in die Gruppenphase geschafft. Nach dem 32:28-Hinspielsieg eine Woche zuvor in Kassel gelang am Sonntag in Piräus ein 20:19-Erfolg. Beste Torschützen vor ca. 1000 Zuschauern in der Melina Mercouri Halle waren Patrick Lemos (7) für die Gastgeber und Lasse Mikkelsen (6/1) für die MT. Die Auslosung der Spiele der im Februar beginnenden Gruppenphase findet am Donnerstag in der Zentrale der Europäischen Handballfederation in Wien statt.

Die Prognose des Veranstalters einer ausverkauften Spielstätte trat zwar nicht ein, aber das hatte keine Auswirkung auf die Stimmung oder gar den Geräuschpegel während des Spiels. Die offizielle Zuschauerzahl der 1.600 Plätze bietenden Melina Mercouri Halle wurde mit 1.000 angegeben, davon allein 140 Schlachtenbummler aus Nordhessen. Die beiden Fanparteien puschten nicht nur ihr jeweiliges Team, sondern sich auch gegenseitig. Die Atmosphäre hätte auch einer weitaus größeren Arena zur Ehre gereicht.

Eine andere Vorhersage indes bewahrheitete sich in Gänze: Olympiacos würde aufgrund der verhältnismäßig knappen Hinspielniederlage vor eigenem Publikum alles geben, um den Spieß vielleicht doch noch umzudrehen, hieß es aus dem Umfeld des Gastgebers. Und das zeigte sich schon in den ersten Minuten nach dem Anpfiff durch das rumänische Schiedsrichtergespann Mihai Pirvu und Radu Potirniche. Hatten die Griechen in Kassel noch relativ verhalten, mit gemäßigter Angriffsgeschwindigkeit und auf der Torhüterposition oftmals auch glücklos agiert, so waren sie jetzt kaum wiederzuerkennen – auch ohne den wegen Achillesbeschwerden fehlenden Ex-MT’ler Grigorios Sanikis. Großes Selbstbewusstsein aussendende Körpersprache, bissige Abwehr und ein hellwacher Konstantinos Tsilimparis zwischen den Pfosten machten das Vorhaben der Hausherren mehr als deutlich.

Die MT eröffnete das Spiel mit Michael Allendorf, Julius Kühn, Domagoj Pavlovic, Marino Maric, Kai Häfner und Dimitri Ignatow, der wie schon zuletzt gegen Göppingen den mit einer Bänderdehnung angeschlagenen Tobias Reichmann ersetzte. Im Tor stand Nebojsa Simic.  Der Auftaktangriff fruchtete nicht – Kühn fand in Konstantinos Tsilimparis seinen Meister. Im Gegenzug schafften es die Griechen dann, den Ball einschließlich zweier Einwürfe fast drei Minuten lang in den eigenen Reihen zu halten. Allerdings ebenfalls ohne ein Tor zu erzielen. Den Knoten zum Platzen brachte dann Marino Maric nach genau 03:08 gespielten Minuten, nach schönem Anspiel von Kai Häfner.

Das Spiel als solches wurde in der Folge zwar auf beiden Seiten mit großem körperlichen Einsatz geführt, blieb aber zunächst verkrampft.  Mit einer 5:1-Abwehr mit Michael Allendorf auf der Spitze versuchte die MT, den Spielaufbau des Gegners im Rückraum zu stören. Das klappte phasenweise gut, aber eben nicht immer. Olympiacos suchte den direkten Zweikampf, aber die jeweiligen Angreifer vermochten nicht, den Ball im Tor unterzubringen. Nach vier gescheiterten Versuchen wurden sie von Rechtsaußen Dimitrios Tziras erlöst, der in der 7. Minute zum 1:1 ausglich.

Nach zwei Toren von Michael Allendorf, davon eines per Strafwurf, konnten sich die Nordhessen zunächst auf 2:4 (11.) und nach raschem Wechselspiel auf 3:5 (14.) absetzen. Aber eben auch nicht deutlicher. Denn die Gastgeber agierten weiterhin mit viel Körpereinsatz im Angriff und hatten mit den Rückraumspielern Patrick Lemos und Petros Kandylas sowie Rechtsaußen Dimitrios Tziras nun auch treffsichere Schützen in ihren Reihen. Die MT-Abwehr wurde so ein ums andere Mal hart gefordert, nahm aber folgerichtig den Kampf an.

Neuen Schwung in den Angriff brachte dann Lasse Mikkelsen, der Julius Kühn ablöste und im Zusammenspiel mit Domagoj Pavlovic und Kai Häfner das Geschehen im Rückraum mitbestimmte. Schon kurz nach seiner Einwechslung erzwang der Däne mit einem trockenen Wurf die 6:7-Führung (20.). Um nach Lemos’ Ausgleich zum 7:8 nachzulegen. Am Kreis und in der Abwehr rackerte indes Timm Schneider, der für Marino Maric aufs Feld beordert wurde.  

Bis zum Halbzeitpfiff sollten in einem offenen Schlagabtausch noch fünf Treffer fallen, erzielt von fünf verschiedenen Schützen und bis zum 9:10 abwechselnd auf jeder Seite. Die Abfolge “Dimitrios Tziras – Kai Häfner –  Charalampos Mallios – Dimitri Ignatow” krönte Lasse Mikkelsen mit einem verwandelten Strafwurf zum 9:11.

Wie dieser Zwei-Tore-Vorsprung für die MT zur Pause einzuordnen war, zeigt der Blick auf die Geschehnisse in den 10 vorangegangenen Minuten. Beide Kontrahenten hatten mit widrigen Umständen zu kämpfen, das Grimm-Team sogar noch etwas verschärfter. Dennoch ließ es sich nicht von seinem Weg abbringen, den es mit starker physischer Präsenz deutlich auf dem Spielfeld markierte. Die gut leitenden Referees blieben konsequent und ahndeten hüben wie drüben die entsprechenden Vergehen mit Zeitstrafen, Bei Olympiacos mussten Patrick Lemos und Dimitrios Tziras jeweils zwei Minuten lang zuschauen bei der MT Felix Danner und gleich zweimal in kurzen Abständen Stefan Salger. Zudem vergab Michael Allendorf einen Strafwurf.

Wohltuend übrigens für beide Mannschaften in dieser durchaus hitzigen Phase waren die genommenen Timeouts der Trainer. In der 24. Minute hatte Georgios Zaravinas den Grünen Karton gelegt, in der 27. sein Melsunger Pendant Heiko Grimm. Die 9:11-Führung hatten sich die Bartenwetzer in der Lautstärkehölle der Melina Mercouri-Halle jedenfalls redlich verdient.

Die zweite Hälfte begann die MT so energisch, wie sie die erste beendet hatte, setzte gleich vom Anpfiff weg auf Tempo. Allein der gewünschte Erfolg sollte sich nicht gleich einstellen. Das Gegenteil warf zunächst der Fall. Die Hausherren übernahmen nach einem von Lasse Mikkelsen verworfenen Siebenmeter und zwei weiteren vergeblichen Angriffsversuchen das Kommando und setzten durch Charalampos Mallios, Patrick Lemos und Dimitrios Tziras zu einem sauberen 3:0-Lauf an (12:11, 35.). Damit unterstrichen die Griechen einmal mehr ihre Absichten, das vermeintlich Unmögliche doch noch möglich machen zu wollen. Zwei vorangegangenen Fehlangriffe der MT nährten deren Ziel zusätzlich.

Und wer gedacht hatte, dass Olympiacos in der zweiten Halbzeit angesichts des kraftaufwändigen Spiels, oft genug im Zweikampf Mann gegen Mann mündend, die Puste ausgehen würde, sah sich getäuscht. Sie blieben der MT nicht nur auf den Fersen, sondern erarbeiteten sich sogar kleinere Vorteil e. Wie etwa beim 13:12 (38.) durch Andreas Arapakopoulos vom Kreis oder beim 14:13 (40.) durch Patrick Lemos nach erfolgreichem Eins-gegen-Eins.

Das Gute aus nordhessischer Sicht: Die MT fand stets de passende Antwort. Und zwar von beinahe allen Positionen. Ob aus der Mitte vom inzwischen hereingekommenen Roman Sidorowicz, vom an den Kreis zurückgekehrten Marino Maric, oder wiederum aus dem Rückraum von Lasse Mikkelsen oder Domagoj Pavlovic. Sie hatten nun die Aufgabe als Vollstrecker übernommen, ihre Würfe fanden jeweils auf Anhieb ihr Ziel. Über die Zwischenstände 14:16 (43.), 16:16 (47.) und 17:17 (53.) ging es in die Crunchtime.
 
Und die nutzte die MT mit einem 3:0-Lauf zur 17:20-Führung: Zweimal Lasse Mikkelsen als erfolgreicher Schütze, dazwischen fungierte er als kluger Passgeber – diagonal auf Dimitri Ignatow – der ebenfalls verwandelte. Mit ausschlaggebend für die Vorentscheidung knapp vier Minuten vor dem Ende der Begegnung war auch, dass Nebojsa Simic zwei sehr gefährliche Situationen entschärfte, nachdem er zuvor schon dem völlig freistehenden Kreisläufer Andreas Arapakopoulos einen Ball abgekauft hatte. So gelang es dem MT-Keeper auch noch spektakulär die unbedrängt vor ihm auftauchenden Patrick Lemos und Dimitrios Tziras zu entzaubern.

Olympiacos steckte dennoch nicht auf und erkämpfte sich nach einem Timeout noch zwei Tore zum 19:20 Endstand. Der Weg für die MT zu diesem knappen Sieg war erwartet steinig, aber die Nordhessen ziehen damit verdient in die im Februar beginnende Gruppenphase des EHF Cups ein.  

Stimmen zum Spiel

Heiko Grimm, Trainer MT: Das war heute ein typisches, weil heftig umkämpftes Europapokalspiel. Noch dazu in einer großartigen Atmosphäre. Wir freuen uns natürlich sehr über unseren Sieg und unser Weiterkommen in diesem Wettbewerb. Aber wir haben auch großen Respekt für unseren Gegner. Mit dem engagierten Einsatz von Olympiacos haben wir gerechnet. Entsprechend hart war die Arbeit für uns – sowohl in der Abwehr als auch im Angriff. Ich muss meiner Mannschaft auch deshalb ein Kompliment machen, weil sie in dieser heißen Atmosphäre die Nerven behalten und sich diesen Sieg redlich verdient hat.  

Finn Lemke, Kapitän MT: Solch enthusiastische Zuschauer wie hier erleben wir auch nicht alle Tage. Wir erkennen die starke Leistung unseres Gegners an und sind deshalb besonders froh, heute gewonnen zu haben. Ich denke auch, wir waren gut vorbereitet, wussten, dass Olympiacos stark im Zweikampfverhalten ist und durch die Nationalspieler in dieser Mannschaft auch über entsprechende Erfahrung verfügt. Unser Ziel in der Abwehr war es, die jeweiligen Angreifer möglichst zu doppeln. Das hat leider nicht immer geklappt, aber am Ende doch gereicht.

Giorgos Zaravinas, Trainer Olympiacos: Glückwunsch an die MT Melsungen und viel Erfolg weiterhin im EHF Cup. Schon nach der Auslosung wussten wir, dass hier ein großer Gegner auf uns zukommt. Wir wollten dagegenhalten und ein möglichst gutes Spiel zeigen. Das ist uns in der Abwehr eigentlich gelungen. Wenn wir im Angriff noch etwas cleverer gespielt hätten, wäre vielleicht sogar für uns etwas drin gewesen.

Konstantinos Tsilimparis, Kapitän Olympiacos: Mit der MT hatten wir einen Gegner, der aus einer anderen Handballwelt kommt. Die hat einen ganzen anderen Spielstil als wir. Als klarer Außenseiter haben wir versucht, das auszubalancieren. Das ist uns insgesamt auch ganz gut geglückt.

Statistik

Olympiacos SFP: Tsilimparis (12 Paraden / 16 Gegentore), Spikic (1 P. / 4 G.), Terlecki (n.e.) – Bogunovic, Tziras 4, Karampourniotis 1, Toniazzo 7, Mougits, Mallios 4, Kandylas 1, Bagios 1, Delichristos, Liapis, Arapakopoulos 1, Michallidis – Trainer Giorgos Zaravinas.

MT Melsungen: Simic (13 P. / 19 GT.) Sjöstrand (n.e.) – Maric 4, Kühn 1, Lemke, Reichmann, Ignatow 2, Kunkel, Mikkelsen 6/1, Danner, Schneider, Allendorf 2/1, Sidorowicz 2, Häfner 2, Salger, Pavlovic 1 – Trainer Heiko Grimm.

Schiedsrichter in Piräus:
Mihai Marian Pirvu / Radu Mihai Potirniche (ROM), EHF Delegierter: Leopold Kalin (SLO)

Zeitstrafen: 12 Min. – 10 Min. (Lemos, Tziras, 2x Karampourniotis, Liapis, Delichristos – 2x Danner, 2x Salger, Pavlovic)

Strafwürfe: 2/2 – 2/4 (Allendorf scheitert an Tsilimparis, 12. Min., Mikkelsen scheitert an Spikic, 31. Min.)  

Zuschauer: 1.000, Melina Mercouri Hall, Piräus.

 

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