Ältere in der Beschäftigung sichern?? – Es gibt noch nicht mal eine Planungssoftware dafür…

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„Die Rente ist sicher“,

tönte einst Arbeitsminister Norbert Blüm (SPD) und meinte es ernst.

Abb: Lancaster-Bomber der RAF anno 1945, jetzt im RAF Museum London stehend)

Wie sicher die sind erfahren wir gerade und dürfen 45, dann 47 und wohl bald auch 50 Beitragsjahre voll machen, damit zumindest sicher ist, dass überhaupt etwas kommt. Fragt sich zwar zunehmend WAS das denn in welcher Höhe und ggf. auch wie lange sein wird, aber immerhin. Das könnte dann klappen. Auch wenn parallel eine allg. Grundrente verhandelt wird. Sicher ist sicher.

Das folgt durchaus der Tradition anderer Helden und Experten, die in anderer Zeit halt auch andere Dinge versprachen, um das arbeitende Volk zu beruhigen und wohlwollend zu halten. Das Titelbild zeigt so ein Versprechen, um der Bevölkerung Sicherheit vorzugaukeln. Den Staat stark erscheinen zu lassen. Ängste zu nehmen und beruhigend auf das vorzubereiten was anderswo auch so gut geplant wurde. Das Titelbild ist daher bewusst gewählt.

 

Daher ist es opportun einmal genauer hinzusehen, wenn es um die Planung dessen geht, was da 47, 50 oder X Beitragsjahre in Arbeit heißt. Diese o.g. Rentenplanung setzt nämlich voraus, dass auch tatsächlich die überwiegende Masse 47, 50 oder X Beitragsjahre sozialversicherungspflichtig erreichen kann.
Anders als in Griechenland, wo bis zu 66% aller(!) Schaffenden beim Staat als Beamte angestellt waren, was bekanntlich nicht so gut lief, sollen also hier die Unternehmen eben diese Älteren in Arbeit halten.

Da diese auch vom Fachkräftemangel tönen, sollten also Planungsinstrumente und –werkzeuge da sein, um eben diese demographisch volkswirtschaftlich notwendige und gewollte Beschäftigung zum Wohle der eigenen zukünftigen Produktivität im Unternehmen zu sichern. Das wäre nur logisch.

Denn wenn dem nicht so wäre, würde die politische Intention dann bald wieder so aussehen. Nicht als Einzelfall und auch nicht zu Tausenden wie damals, sondern eher zu Millionen.

 

Doch wie planen die Personalverantwortlichen die Zusammenstellung der Belegschaft, neudeutsch der Workforce, gerade auch im Hinblick auf die zukünftige Zusammenstellung? Zur Bewältigung der vielbeschworenen Digitalisierung. Oder einfach nur die anfallende Lücke zu schließen, die demographisch dadurch entstehen wird, weil man halt nach 45, 47 und X Jahren dann tatsächlich mal wirklich in Rente gehen wird.
Da müsste es doch jetzt komplette Verfahren, Herangehensweisen, Prozesse und Organisationsmodelle geben. Etwas was es unseren genialen Personalern ermöglicht ihrer werterhaltenden Kreativität freien Lauf zu lassen. Und damit das klappt wird es doch da sicher massenhaft Tools geben. Gern auch Software genannt, die mit Schnittstellen zu ERP-Systemen, BI-Tools und anderen digitalen Produkten Konnektivität, Reporting und (eigentlich am Wichtigsten) ppt-Präsentationen verbessern hilft.

Und da dieser demographische Aspekt nicht urplötzlich aufkam, sich seit dem Pillenknick aufbauen konnte, dürfte man erwarten, dass es da tatsächlich eine breite Palette von Produkten gibt, die unsere Helden aus den HR-Abteilungen nun abfragen könnten.

Immerhin müssen ältere Mitarbeiter nun so eingeplant und ggf. umgeschult werden, dass sie in ihrer Zeit noch die Digitalisierung anstoßen, planen und umsetzen können, damit, wenn sie dann ausscheiden, die Produktivität des Unternehmens trotz höheren Personalverlusten als die Digitalisierung auszugleichen vermag, erhalten bleibt. Der Satz klingt doch logisch, oder?

 

Dummerweise kennt der Autor nur zwei (2!) Softwareprodukte, die ansatzweise diese Herausforderung begleiten könnten. Und nur eines davon, hat hier zum Workforce-Planning-Tool explizit ein Modul geschaffen, welches auch das Demographiemanagement (und hier sogar wörtlich so bezeichnet) abdeckt. Und es wurde sogar schon vor Jahren entwickelt, wenn auch das Unternehmen dann aufgrund „riesiger Nachfrage“ davon absah es weiter zu entwickeln…
Leider wird der Renteneintritt der Beschäftigten in allen beiden Tools letztlich über das Lebensalter ermittelt. Die Formel zur hinreichenden Planung ist also recht einfach gestrickt:


18 (Berufseintritt)  +  Anzahl der politisch gewollten Beitragsjahre (z.B.) 47  =  65


So einfach ist das digital abzubilden. Natürlich setzt das eine durchgehende Erwerbsvita voraus. Man sollte also niemals arbeitslos, schwanger oder anderswie „unbeschäftigt“ gewesen sein. Letzteres zählt auch alles nicht als Beitrag i.e.S. der Beitragsbemessung für die Rente. Wehrpflicht schon. Taucht aber auch nicht in dieser Softwarelösung auf.

Ergo wissen die betrieblichen Verantwortlichen gar nicht, wer wann und wie lange noch arbeiten muss, damit er/sie/* in den klimaoptimierten und auskömmlichen Ruhestand abtauchen kann. Das hat und hatte natürlich Folgen…

Und so, wie der großspurige Irrtum eines Hermann Göring zu gewissen städtebaulichen Defiziten bis 1945 führte, wird auch das alleinige politische Ideal des 47 Beitragsjahre schaffenden Arbeitenden mit Sicherheit auch eine gewissen Wirkung entfalten. Vermutlich auch nicht klimaneutral. Denn das Klima wird sich sehr wahrscheinlich sowieso verschlechtern, so wie es sich bis 45 dann täglich verschlechterte. Manche Irrtümer und Visionen haben Folgen. Oder Tatenlosigkeit an sich.

Und diese Folgen werden nun gerade in der Rezession schnell, nachhaltig und leider auch folgenschwer für viele deutlich werden. Wie es scheint werden Ältere – wie immer – wieder zuerst entlassen. „Sozialverträgliche Freisetzung“ heißt das bekannte Spiel, das aber kaum in die Demographie passt (HIER). Und damit leider nicht in die Rettung der Sozialsysteme. Und leider dann auch nicht in „blühende Landschaften“, die einst Helmut Kohl für den Osten versprach. Und diese sind nun auch für den Westen zunehmend bedroht.

Dass in solchen Zusammenhängen schon andere drollige Ideen hatten fehlende Rentenzahlungen irgendwie auszugleichen, wurde anderswo schon als Glosse beschrieben (HIER).

Nur wird das den Unternehmen nicht helfen. Überhaupt nicht. Und dass es noch nicht mal geeignete Tools gibt, um eben dieses Planungsdilemma für eine Future Workforce zu lösen wirkt zunehmend fatal.

Man hat den radikalen politischen Elementen in unserem Land den Euro samt Europa und die Migration als Themen überlassen. Davon zehren sie von Wahl zu Wahl erneut.
Wie es scheint will Politik und Wirtschaft ihnen nun auch das Thema Demographie zuschieben. Gern in Verbindung mit einer absehbaren Altersarmut für Millionen.

 

Eine weitere Abbildung spare ich mit hier. Sie hätte das einst blühende Köln, Hamburg oder Berlin nach 45 gezeigt. Also auch nach leeren politischen Wohlfühlphrasen…


Der Autor Sascha Rauschenberger

Sascha Rauschenberger, geboren 1966 in Wattenscheid, ging nach dem Abitur zur Bundeswehr, wo er als Panzeraufklärer und Nachrichtenoffizier Dienst tat. Er diente, unter anderem als Reservist, in vier Auslandseinsätzen, zuletzt als Militärberater in Afghanistan.

Seit 2000 ist er als Unternehmensberater im Bereich Projektmanagement und Arbeitsorganisation (Future Work) tätig.

 


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