Fischen Impossible

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Die EU-Fischereiminister haben die Fangmengen für die Ostseefischerei im Jahr 2020 festgelegt. Wissenschaftler hatten die völlige Schließung der Fischereien auf westlichen Hering und östlichen Dorsch empfohlen. Zumindest der Fangstopp für östlichen Dorsch wurde weitgehend umgesetzt, und auch eine Schonzeit eingerichtet. „Beide Maßnahmen können dem Bestand bei der Erholung helfen, allerdings muss ihre Umsetzung dafür gut kontrolliert werden“, mahnt Stella Nemecky, Fischereiexpertin des WWF Deutschland. Die westlichen Bestände, die für die deutsche Fischerei interessant sind, werden stärker befischt, als wissenschaftlich empfohlen. Statt eines Fangstopps wurde für den westlichen Hering eine Kürzung der Fangmenge um 65 Prozent ausgesprochen, die die Erosion des Bestandes nicht verhindern wird. „Der westliche Dorsch erfährt nicht die Schonung, die er dringend benötigt, um über 2020 hinaus die Mehrheit der Fänge für die Deutsche Ostseefischerei zu liefern“, so Nemecky weiter. Statt um die erforderlichen 68 Prozent wurden die Fangquote um 60 Prozent gekürzt. Angesichts der Klimakrise, die sich auf die Dorsch- und Heringsbestände schon jetzt negativ auswirkt, seien die erlaubten Fangmengen ein riskantes Spiel für das Ökosystem und gefährden die Zukunft von Fischbeständen und Fischern, warnt der WWF. „Jahrzehntelange Überfischung hat dazu geführt, dass Quotenkürzungen allein nicht mehr reichen, um den Erhalt der Bestände zu sichern, doch sie sind nach wie vor das schärfste Schwert. Hier haben die Fischereiminister keine nachhaltige Entscheidung getroffen.“ Nachhaltige Fangquoten, temporäre Fangstopps für westlichen Hering und östlichen Dorsch, sowie Schonzeiten bilden die wichtigsten Hebel, um das Ökosystem Ostsee schnell positiv zu beeinflussen.

„Mit einem kollabierenden Ökosystem kann man keinen Kompromiss schließen“, warnt Stella Nemecky, Fischereiexpertin des WWF Deutschland. „Nun müssen die Minister zeigen, dass sie den Schutz der Ostsee ernst meinen und die dringend benötigten zusätzlichen Maßnahmen gegen Überdüngung, Lebensraumzerstörung und Verschmutzung beschließen. Ohne Fisch lässt sich keine Fischerei erhalten.“ Es müsse sich auch erst zeigen, ob auf politischer Ebene tatsächlich verstanden wurde, dass sich Fischerei nicht losgelöst von Klimaveränderungen betrachten lässt, weil sie die Lebensbedingungen und Überlebenschancen der Fischbestände mitbestimmen. Aufgrund steigender Wassertemperatur und sinkender Sauerstoffkonzentration überleben weniger Fischlarven, so dass kaum Nachwuchs für die überfischten Bestände heranwachsen kann. Die Dorsch-Nachwuchsjahrgänge der letzten zwei Jahre in der westlichen Ostsee sind die kleinsten seit Beginn der Messungen im Jahr 1985. Gleichzeitig sorgen zu hohe Fangmengen dafür, dass der Bestand nicht genügend erwachsene, fortpflanzungsfähige Tiere umfasst.

Vom gesetzlich verankerten Ziel die Überfischung bis 2020 zu beenden hatten sich die Fischereiminister zuletzt immer weiter entfernt und versuchen nun in letzter Minute eine kleine Annäherung. „Weil Minister seit Jahren versagen, die gesetzlichen Vorgaben für nachhaltige Fischerei zu erfüllen, müssen sie jetzt mit den sozioökonomischen Folgen umgehen, die das Schwinden der Fischbestände mit sich bringt.“

Das Fischerei-Management muss die komplexen Ökosystem-Zusammenhänge berücksichtigen. Nur wenn der Druck auf das Ökosystem Ostsee als Ganzes drastisch vermindert wird, gibt es eine Chance, dass es mit zunehmender Klimakrise nicht zu einem Kollaps des Systems kommt. Hier ist neben einer deutlichen Verringerung des Fischereidrucks, vor allem eine drastische Verminderung der Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft unerlässlich.

 

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Original Content von WWF Deutschland, präsentiert vom Nordhessen Journal

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