Debakel von AfD Wahllisten in Sachsen – schlimmer geht nimmer!

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Eine Wahl in einer Demokratie darf eines niemals sein: unfair! Dass es fair und gerecht zugeht, dafür sorgt ein Wahlgesetz, dass rechtlich verbindlich, prozessual und organisatorisch klar definiert regelt, wie diese Wahl in allen Schritten abzulaufen hat. Nicht ablaufen könnte, als nett gemeinter Vorschlag zur Optimierung, sondern verbindlich und für alle gleich. Letzteres bedingt der Anspruch an das, was am Ende rauskommen soll, die Demokratie an sich. Eine Wahl ist immer der erste Schritt in diese Richtung. Oder zur Tyrannei.

Dass dieser Grundsatz gerade in den ex-DDR-Bundesländern genauestens beobachtet wird, mag daran liegen, dass sich 99%-Wahlergebnisse der SED sich in privater Runde nie verifizieren ließen, zumal es verpönt war eine Wahlkabine überhaupt aufzusuchen und man sein Kreuz besser öffentlich machte. Nur um schlimmen Anti-Mainstreamgerüchten keinen Vorschub zu leisten…

Dass bei der Wahllistenerstellung in Sachsen der AfD wohl ein Fehler unterlaufen ist, mag sein.

Das Wahlrecht sieht EINE Liste vor, die in EINER Versammlung, in der ALLE Listenplatzkandidaten von ALLEN Wahlberechtigten wahrgenommen werden konnten. Das war bei der AfD nicht der Fall. Es gab zwei Versammlungstage und man fertigte daraus zwei Listen an.

Eine Platz 1-18 betreffend die andere die Plätze 19 bis 61. Diese schickte man fristgerecht an den Landeswahlausschuss, der schriftlich um eine Stellungnahme zu den von ihm erkannten Mängeln bat, die aber unbeantwortet blieb.

Dass selbst Julius Caesar schon mit den Senats-Versammlungen trickste, ist überliefert. Und nach römischen Recht galt eine Versammlung erst als beendet, wenn der Vorsitzende sie beendete. Wurde sie nicht beendet, ging sie als eine Sitzung am nächsten Tag einfach weiter. Das ist hier in Sachsen nicht der Fall. Auch wenn man sich auf verschiedene Vorsitzende der AfD-Versammlung(en) beruft und das als Mangel erkannt haben will.

Das dies nun alles in die ohnehin erhitzte Stimmung nach der EU-Wahl, ihren Spitzenkandidaten und dem als „Gekummel/Schiebung/Betrug“ empfundener EU-Kommissionspräsidentenbesetzung fällt ist fatal. Gerade im Osten. Und gerade bei exakt der Partei, die der Mainstream im Land am liebsten gar nicht in Parlamenten sehen würde. Schon gar nicht als möglichen Wahlsieger und größte Fraktion.


Hier tun sich daher mehrere Fragen auf, die in der allgemeinen Presse nicht gestellt werden, die aber jeder im Hinterkopf hat.

  • Muss eine Liste eine physikalische Liste sein? Darf sie mehrere Seiten haben und wenn ja, warum dann nicht auch mehrere Teile? Solange die Reihenfolge der Kandidaten ersichtlich ist? Oder ist es opportun diese auf eine DIN-A4-Seite so auszudrucken, dass es auch nur ein Blatt ist? Notfalls in Schriftgröße 4?? Wo ist das rechtlich eindeutig und verbindlich definiert???
  • Wenn im demokratischen Miteinander diese Liste nicht an einem Tag erstellt werden kann, endet die Versammlung dazu dann automatisch mit der Liste, die bis dahin zustande gekommen ist? Um 23:59.59 Uhr war es das dann?
  • Muss ein Vorsitzender tatsächlich dann auch ein und derselbe sein? Was ist wenn der am ersten Tag einen Hirnschlag erleidet, tot umfällt, war es dann mit der Liste? Oder wäre das eine Ausnahme, die dann einen Nachfolger möglich macht?
    Oder wäre es auch opportun, dass aus Zeitgründen dann ein anderer die fortgesetzte Versammlung übernimmt?
  • Ist es zwingend alle Versammlungsteilnehmer immer vor Ort zu haben, oder ist es recht und billig, dass es Delegierte gibt die sagen, dass sie grundsätzlich mit der Liste einverstanden sind und ggf. auch dann früher gehen. Als ihr Recht so zu entscheiden, ohne erst alle „Ich-bin-der/die-August/Erna“-Reden gehört zu haben? Nicht jeder kann endlos in Versammlungen sitzen, sondern muss ggf. auch mal zur Arbeit.
  • Und dann die Frage schlechthin: Gab es das nicht schon mal, dass es zwei Listen oder Versammlungen gab und wie wurde da entschieden.
  • Und wenn entschieden wurde, dann auf welcher Grundlage und Argumentation? Und welche Partei(en) betraf das?
  • Und wenn dieses Schreiben hinsichtlich der Mängel vom Landeswahlausschuss der AfD zugegangen ist, dann doch wohl als Einschreiben mit Rückschein. Einschreiben reichen nicht, da die AfD-Büros gern mal für aktionistische Späße demokratischen Humors herangezogen werden. Briefkästen zweckentfremdet werden. Als Aschenbecher, was dann zu Brandschäden führt, zugemüllt und oder auch mal gern mal mit Hundehinterlassenschaften aufgefüllt werden. Alles Umstände, die ein demokratisch gut orchestriertes Verfahren für faire Wahlen schnell unterlaufen könnten. Auch soll schon AfD-Post verschwunden sein. Auf dem Postweg…
    Ergo sollte der Landeswahlausschuss hier sattelfest sein, was diese Zustellung der Mängelliste anbelangt. Hier nun 50 Cent Porto gespart zu haben wäre… stark erklärungsbedürftig.

Die Vorsitzende des Landeswahlausschusses und Landeswahlleiterin, Frau Carolin Schreck, eine Juristin, die erst seit dem 1. März 2019 im Amt als Präsidentin des Statistischen Landesamtes des Freistaats Sachsens ist, steht hier jedenfalls in der Bütt. Dass diese Funktionen natürlich parteipolitisch besetzt werden ist klar. Augenscheinlich wird eben diese Partei jetzt medial ignoriert. Das wirft auch schon wieder Fragen auf, zumal diese Neubesetzung jetzt in den Augen der argwöhnisch gewordenen Bürger zu einem sehr günstigen Zeitpunkt kam. In den ostwärtigen Bundesländern achtet man auf solche … Zusammenhänge sehr genau. Hinterfragt sie auch.

All das schafft Spielräume. In Vermutungen wie Prozessen, Tatsachen wie Theorien aber auch in möglichen Lösungen des Problems.
Dass sich die AfD mal wieder(!!) blöd angestellt hat, ist offensichtlich. Das tun andere Parteien aber auch. Oder dass die Rechtslage halt doch nicht hinreichend ist, wenn es um gewisse – aber elementare – Definitionen geht, die dann am Ende eine faire und demokratisch einwandfreie Wahl ermöglichen.
Dass diese Feststellung zu der AfD-Liste erst NACH der Wahl anfechtbar ist, ist ohnehin fragwürdig und öffnet schon jetzt vor der Wahl allen Verschwörungstheorien Tür und Tor. Ist aber rechtens!

Im Osten redet man – durch die DDR-Erfahrung gestärkt – von der Möglichkeit das Ergebnis im Nachhinein nach Belieben „korrigieren“ zu können.

Auch für den neuen Landtag wird das Auswirkungen haben. Sollte die AfD mit ihrer(!) Liste als stärkste Partei aus der Wahl hervorgehen, wird sie erst einmal Anspruch auf den Landtagspräsidenten erheben, der traditionell von der stärksten Fraktion gestellt wird. Dass hier auch noch eine Wahl zu gewinnen ist, ist klar. Aber selbst dieser Landtagspräsident wäre dann auf der Kippe bis Gerichte entschieden haben. Letzteres wird dann entweder von links oder rechts als Rechtsbruch aufgefasst werden, da hier die Gräben inzwischen recht tief sind. Das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit erschüttert ist. Nicht zuletzt auch das politische System samt Meinungsbildung (Presse) an sich am Pranger des Bürgers steht. Und der begehrt zunehmend auf.
Dass der neue Landtagspräsident eben diesen Landtag in der konstituierenden Sitzung erst legitimiert, sei hier nur als weiteres Problem genannt.

Und wenn ein Staatsoberhaupt wie unser Bundespräsident meint, einen souveränen und befreundeten Staat hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Souveränität und aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage ideologisch zu maßregeln, dann ist es weit gekommen.

Im Osten sieht man das nicht so entspannt wie in den grünen Hochburgen im Westen.
Diese Menschen fühlen sich zunehmend veralbert, vorgeführt und betrogen. Und diese Stimmung sitzt tief, weil schon nach der Wende entstanden.

Unter dem Strich würde ich als Landeswahlausschuss exakt o.g. Fragen einmal näher aber sehr ausführlich beleuchten wollen. Das Risiko von politischen Kollateralschäden, gerade im Osten, ist recht groß. Dieses Volk hat schon eine totalitäre SED kleinbekommen.

Und dann noch ein Aspekt. Wenn das Volk Wahlen zunehmend als Einnahmequellen von Parteien wahrnimmt, die sich über die anschließende Wahlkampfkostenerstattung „reich machen“ und den Bürger dann vergessen, hat das Folgen.

Nach den letzten Folgen sind anno 1989/90 gerade aus Betriebskampfgruppen und NVA-Beständen en masse Waffen „verlegt worden“.

Der Fall Lübcke zeigt auf, dass die Radikalisierung durchaus stattfindet. Greifbarer wird, wenn man diverse Kommentare dazu verfolgt hat, auch auf breiterer Basis. Und selbst blöde einsame Wölfe müssen nicht immer einsam sein.
Der Rechtsbruch aus „guter Absicht“, „edlem Motiv“ und „höherer Moral“ scheint salonfähig geworden zu sein. Das chinesische Politikmodell für gewisse bejubelte Politiker durchaus sinnvoll erscheinen, wenn es darum geht die „Konsumentendemokratie“ abzuschaffen und durch eine staatlich garantierte höhere Moral zu ersetzen…

Das sind Worte, die gerade im Osten nicht vergessen werden. Das hatte man dort schon einmal.

Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf“… sagte Erich Honecker einmal und alles lachte. Der wütende Bürger schaffte es aber.

Diese Sachsenwahl hat nun das unglaubliche Potential zum Fanal zu werden. Das Land nicht nur weiter zu spalten sondern zu zerreißen. Den Graben zwischen Ost und West so zu vertiefen, dass keine Brücke mehr schlagbar ist. Der geringste zusätzliche Anlass kann das Fass zum Überlaufen bringen. Und die Möglichkeiten sind vielfältig geworden: EU, Migration, Altersarmut, Rezession, Schulden, Euro,…Wahlen.

Ich würde mir wünschen, dass die Landeswahlleiterin hier Antworten findet. Sie ist in einer Position, wo man nur noch verlieren kann. Und dass es fast nur die internationale Presse interessiert, was das für UNS bedeutet, macht es auch nicht leichter und ist auch wieder ein falsches Signal an das Volk. Den mündigen Bürger. Den Souverän.


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