Hessisches Kabinett tagte auf dem 59. Hessentag in Bad Hersfeld

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Ministerpräsident Bouffier und Stellvertreter Al-Wazir:

„Wir wollen Arbeitsplätze und Wohlstand erhalten

und die Verkehrsbelastungen verringern“

Das Hessische Kabinett kommt traditionell auf dem Hessentag zusammen und trifft dort auch das Hessentagspaar und den Bürgermeister.
Copyright: Hessische Staatskanzlei

Wiesbaden. Bei der traditionellen Sitzung des Hessischen Kabinetts auf dem Hessentag in Bad Hersfeld haben Ministerpräsident Volker Bouffier und sein Stellvertreter, Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir, Hessen als bedeutenden Logistikstandort hervorgehoben. „Mit insgesamt rund 252.000 Beschäftigten ist die Logistik ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Wir liegen im Herzen Europas und unser Land hat sich mit seinen Autobahnen, Schienenverbindungen und dem Frankfurter Flughafen zu einem Verkehrsknotenpunkt entwickelt. Wir wollen die Arbeitsplätze und den Wohlstand erhalten, müssen aber auch die Belastungen, die durch den Verkehr entstehen, verringern.“

Gerade für Nordhessen sei die zentrale Lage ein wichtiger Teil der Erfolgsgeschichte. Hier beschäftigt die Logistik-Branche inzwischen mehr als jeden zehnten Arbeitnehmer. „Die Aufgabe der Politik ist es, die Mobilität unserer Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen weiter zu sichern. Das schaffen wir zum Beispiel durch den Ausbau der A4 und der Bahnstrecke Fulda-Gerstungen. Gleichzeitig achten wir bei diesen Maßnahmen darauf, dass wir Lärm, Schadstoffe und CO2-Emissionen reduzieren“, betonte Bouffier.

Das Kabinett beschloss am Freitag auch eine Stärkung der Landesenergieagentur (LEA). „Sie wird zum Jahreswechsel ein eigenständiges Unternehmen werden und ihre wichtigen Aufgaben dadurch effizienter erledigen können“, informierte Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al-Wazir. Die LEA berät Kommunen, Bürger und Unternehmen in allen Fragen des Klimaschutzes und der erneuerbaren Energien. Derzeit ist sie eine Abteilung der landeseigenen Hessen-Agentur, zum 1. Januar 2020 wird sie als Tochterunternehmen der Hessen-Agentur rechtlich selbstständig.

Darüber hinaus berieten die Regierungsmitglieder unter anderem über die Entwicklung des Landkreises Hersfeld-Rotenburg, den Breitbandausbau in Nord- und Osthessen sowie über die Verlagerung von Arbeitsplätzen der Finanzverwaltung aus den Ballungszentren in ländliche Regionen.

Überdurchschnittliche Entwicklung des Arbeitsmarktes

„Der Kreis Hersfeld-Rotenburg weist seit Jahren eine überdurchschnittlich gute Arbeitsmarktentwicklung auf“, erklärte Wirtschaftsminister Al-Wazir. Die Arbeitslosenquote ist seit 2011 stets niedriger als im Landesdurchschnitt. Im März 2019 lag sie bei 3,8 Prozent (Landesdurchschnitt 4,5 Prozent). „Der Arbeitsmarkt profitiert in vielerlei Hinsicht auch von Programmen des Landes. Ein aktuelles Beispiel ist der Landeszuschuss für den Industriepark Bad Hersfeld-Ludwigsau, der durch die Offensive ,Land hat Zukunft – Heimat Hessen‘ gefördert wird. Dort werden über 500 neue Arbeitsplätze erwartet.“ Wie der Minister erläuterte, resultierten aus der Wirtschaftsförderung des Landes kreisweit von 2014 bis 2018 Investitionen in Höhe von 29,6 Millionen Euro. Dies hat zur Sicherung von rund 1.000 Arbeitsplätzen und zur Entstehung von über 100 neuen Stellen beigetragen.

Sanierung der Landstraßen und Ausbau der Bahnstrecke Fulda-Gerstungen

Die Wirtschaftsstruktur des Landkreises Hersfeld-Rotenburg ist geprägt von der Expansion der Logistik-Unternehmen. Zu seinen Standortvorteilen zählt die gute Verkehrsanbindung, die das Land gezielt weiterentwickelt.  Von der 2015 begonnenen und auf sieben Jahre angelegten Sanierungsoffensive für Landesstraßen profitiert auch der Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Bislang wurden 14 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 12,9 Millionen Euro abgeschlossen, weitere vier folgen im Laufe des Jahres. Die A4 ist eine der wichtigsten West-Ost-Verbindungen. Damit der Verkehr flüssiger läuft und der Lärm reduziert wird, werden insgesamt 480 Millionen Euro in die Erneuerung der Fahrbahn mit beidseitigen Standstreifen und einem Zusatzfahrstreifen in Steigungsstrecken investiert. Zwei Bauabschnitte sind bereits fertiggestellt. Als weiteres bedeutendes Infrastrukturvorhaben nannte Al-Wazir den vom Bund geplanten Aus- und Neubau der Schienenstrecke Fulda-Gerstungen, der auch die Chance beinhalte, den Schienennahverkehr zu verbessern. Insbesondere lobte der Minister den energiepolitischen Ehrgeiz des Kreises, der gemeinsam mit den anderen nordhessischen Landkreisen bis zum Jahr 2040 seinen Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen decken will: „Die Energiewende ist eine Chance für mehr regionale Wertschöpfung; ich freue mich, wenn diese Chance genutzt wird.“

30 zusätzliche Arbeitsplätze für das Finanzamt Bad Hersfeld

Wohnortnahe Arbeitsplätze tragen zur Verringerung des Verkehrs auf hessischen Straßen und zum Schutz des Klimas und der Umwelt bei. „Arbeit zu den Menschen und in die Heimat“ bringen heißt die Strukturreform, die die Hessische Steuerverwaltung noch schlagkräftiger macht und gleichzeitig Beschäftigten die Möglichkeit bietet, heimatnah zu arbeiten. Dies stärkt auch die ländlichen Regionen, in die die Arbeitsplätze gezielt verlagert werden. „Von dem Programm profitieren auch Beschäftigte, die in Bad Hersfeld oder der Region leben. Wir bringen rund 30 zusätzliche Arbeitsplätze ins Finanzamt nach Bad Hersfeld. Viele Kolleginnen und Kollegen sparen dadurch weite Wege in andere Ämter, in die sie zuvor pendeln mussten. Weniger pendeln ist ein Mehr an Lebensqualität“, sagte Ministerpräsident Bouffier. Es gibt bereits konkrete Pläne, um hessenweit 750 Arbeitsplätze der Steuerverwaltung heimatnah anbieten zu können.

„Derzeit denken wir über weitere Maßnahmen nach, um noch mehr Arbeitsplätze aus den Ballungszentren zu verlagern, die Verwaltung dabei aber auch noch effizienter zu machen. ,Arbeit zu den Menschen und in die Heimat bringen‘ geht in die nächste Runde“, kündigte der Regierungschef an. Die zukünftige Bearbeitung der Grundsteuer könnte an Standorten in ländlich gelegenen Finanzämtern gebündelt werden. Voraussichtlich im Herbst können konkrete Pläne zu Standorten und zur Zahl der Arbeitsplätze veröffentlicht werden. „Die Hessentagsregion profitiert auch von den Rekord-Einstellungszahlen der Steuerverwaltung. Das Herz unserer Ausbildung schlägt in Rotenburg. Dort werden wir weiter investieren, um jungen Menschen bestmögliche Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten. Wir werden 2019 und 2020 jeweils 800 Anwärterinnen und Anwärter einstellen – mehr als jemals zuvor“, sagte Ministerpräsident Bouffier.

Breitbandausbau auf der Zielgeraden

Der flächendeckende Breitbandausbau in Nordhessen kommt sehr gut voran. „Wir sind auf der Zielgeraden“, betonte der Regierungschef. Inzwischen sind bereits rund 1.750 Kilometer der geplanten 2.000 Kilometer gebaut und mehr als 1.200 von 1.400 zu errichtenden Verteilerkästen, bis zu denen die Glasfaserleitungen führen, angeschlossen. „Nordhessen ist damit vorbildlich“, sagte der Ministerpräsident. Angetrieben und koordiniert wird der Ausbau durch die Breitband Nordhessen GmbH (BNG), die 2014 von den fünf nordhessischen Landkreisen Hersfeld-Rotenburg, Kassel, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg und Werra-Meißner gegründet wurde. „Diese frühzeitige Entscheidung hat dazu geführt, dass die Kosten reduziert wurden und die flächendeckende Versorgung schon so weit vorangeschritten ist“, lobte Bouffier. Aktuell plant die BNG die Glasfaseranbindung von Schulen. Das Land Hessen unterstützt den Breitbandausbau mit 128,3 Millionen Euro aus dem Darlehens- und Bürgschaftsprogramm sowie mit 20 Millionen Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Mit dem im September 2018 geschlossenen Mobilfunkpakt trägt das Land zusätzlich dazu bei, auch die letzten „weißen Flecken“ in der Mobilfunkversorgung zu schließen.

Digitaler Service Point der Justiz wird sehr gut angenommen

Durch die Digitalisierung wird auch die Verwaltung noch bürgerfreundlicher. Dienstleistungen sollen einfacher, bequemer und zügiger zur Verfügung stehen. Ein Maßnahmen-Baustein der Hessischen Landesregierung ist der im September 2018 beim Amtsgericht Eschwege gestartete Digitale Service Point der Justiz.  Er übernimmt eine zentrale Wegweiserfunktion für die Bürgerinnen und Bürger in Hessen und gibt Antworten zu Fragen rund um Amts- und Landgerichte sowie dem Oberlandesgericht. „Der Service Point wird sehr gut angenommen und wir planen, das Angebot noch auszubauen“, sagte Ministerpräsident Bouffier. Bis April 2019 sind mehr als 7.800 Anrufe und noch mehr E-Mails beim Service Point eingegangen, die von anfangs zwei und ab 1. April 2019 von vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bearbeitet werden. Rund 25 Prozent davon betreffen Nachlassangelegenheiten.

Beruf mit Zukunft: E-Commerce-Ausbildung wird gut angenommen

Für Berufsschulen wird es zunehmend zur Herausforderung, Fachklassen mit Auszubildenden aus der Region zu bilden. Der Sicherung der Berufsschulstandorte außerhalb der Ballungszentren kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Das Hessische Kultusministerium hat zum Schuljahr 2018/19 einen jungen, stark digitalisierten Ausbildungsberuf an der Modellschule Obersberg in Bad Hersfeld eingerichtet: Kauffrau und Kaufmann im E-Commerce. Einkaufen im Internet hat sich etabliert. In dem seit August 2018 in Deutschland existierenden Ausbildungsberuf werden Kenntnisse und Fertigkeiten des Onlinehandels gelehrt.  „Ein halbes Jahr nach dem Start zeichnet sich eine äußerst positive Entwicklung ab“, sagte Ministerpräsident Bouffier. „Der neue Ausbildungsberuf wird von den Betrieben, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen gut angenommen. Für uns ist die Modellschule ein Best-Practice-Beispiel für zukünftige Fachklassenstandorte und Kompetenzzentren im ländlichen Raum.“

Auszubildende lernen Landwirtschaft auf dem Eichhof

Das Landwirtschaftszentrum Eichhof in Bad Hersfeld ist eine Informations- und Bildungseinrichtung des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) für den ländlichen Raum. Auf 150 Hektar Ackerfläche und 100 Hektar Wiesen und Weiden werden rund 120 Milchkühe, 75 Jungrinder, 154 Zuchtsauen, 840 Ferkel sowie 250 Legehennen gehalten. Der Betrieb dient nicht vorrangig der Nahrungsmittelproduktion, sondern ergänzt als überbetriebliche Ausbildungsstätte die praktische Berufsausbildung. Die Auszubildenden lernen die verschiedenen Tierarten, ihre Haltung, den Umgang mit moderner Technik und die Grundlagen des Pflanzenbaus kennen. „Neue Techniken und Lösungsansätze in der Landwirtschaft werden auf dem Eichhof auf ihre Tauglichkeit geprüft und im Anschluss an die Landwirte vermittelt“, sagte Tarek Al-Wazir. Hier befindet sich außerdem das Hessische Biogas-Forschungszentrum (HBFZ) in Kooperation des LLH mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) und dem Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL). Der LLH testet am Eichhof in Bad Hersfeld verschiedene neue Kulturpflanzen für die Energiegewinnung.

Hess.Staatskanzlei


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