Mit dem Winter kommt die Abkühlung.

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Kassel. „Die allgemeine Geschäftslage bei den Unternehmen der Metall und ElektroIndustrie in Nordhessen ist nach wie vor gut. Auftragsbestände, Umsätze und Exportzahlen sind insgesamt zufriedenstellend. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es jedoch erste Anzeichen einer konjunkturellen Abkühlung.

Das ist noch kein Tiefdruckgebiet, aber die Vorzeichen einer Veränderung sind deutlich“, fasst Carsten Rahier, Vorstandsvorsitzender des Arbeitgeberverbandes HESSENMETALL Nordhessen und Geschäftsführender Gesellschafter der sera Group in Immenhausen, die Ergebnisse der diesjährigen Herbstumfrage zusammen.

Im Verband der Metall und ElektroUnternehmen (M+E) in Nordhessen sind 149 Unternehmen unterschiedlicher Größe mit insgesamt zirka 25.000 Beschäftigten vertreten. Die Herbstumfrage gilt damit als der Branchenbarometer der M+E Industrie.

Rahier weiter: „Es gibt zahlreiche Gründe, warum sich die Konjunktur abzukühlen scheint. Die Unternehmen beklagen die zunehmenden Unsicherheiten und Risiken durch internationale Handelskonflikte und embargos, einen ‘No Deal Brexit’, der anstehenden Europawahl in 2019 und nicht zuletzt die defizitäre Finanzpolitik Italiens mit möglichen Auswirkungen auf die gesamte EU.

Dies vor dem Hintergrund eines teilweise disruptiven, technologischen und sozioökonomischen Wandels in den Unternehmen und der Gesellschaft durch die Digitalisierung, die neuen Arbeitswelten in einer Industrie 4.0, der Energiewende und nicht zuletzt durch die massiven vor uns liegenden Veränderungen in der gesamten Mobilitätswirtschaft.

Die deutsche Automobilindustrie eine wichtige Branche unseres Verbandes ist durch die Geschehnisse um den Diesel enorm unter Druck geraten und durch die Sanktionen und städtischen Fahrverbote hochgradig verunsichert.

An ihr hängen in der Wertschöpfungskette tausende von Zulieferunternehmen und Arbeitsplätze. Die Auswirkungen bis in die KMUs können daher nicht ohne Effekt bleiben. Hinzu kommen die bereits erwähnten Unsicherheiten durch den Brexit. 60 Prozent der deutschen Unternehmen ist einer aktuellen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) zufolge nicht auf einen ungeordneten Brexit vorbereitet und bisher keine Vorkehrungen für ein NoDealSzenario getroffen. Auch die globalen Handelskonflikte, politische Unsicherheiten, rückläufige Wachstumsprognosen und zunehmende Kostenbelastungen hinterlassen ihre Spuren und führen zu dieser Abkühlung der konjunkturellen Erwartungen für 2019 in den M+EMitgliedsunternehmen.“

Carsten Rahier erläutert die Umfrageergebnisse im Detail:

  • Die aktuelle Geschäftslage wird von 59% (Vj. 69%) der Befragten mit „gut“ und von 32% (Vj. 27%) mit „befriedigend“ eingeschätzt.
  • In den kommenden 6 Monaten rechnen 76% (Vj. 79%) mit einer „vergleichbaren“ Geschäftslage. 19% (Vj. 19%) schätzen sie sogar als „besser“ ein.
  • Die Auftragsbestände sind für 40,5% (Vj. 42%) „verhältnismäßig groß“, für 46% (Vj. 48%) „ausreichend“. 3
  • 0% (Vj. 31%) der befragten Unternehmen rechnen mit „eher zunehmenden“ Aufträgen. Von 62% werden die Erträge als „unverändert“ eingeschätzt (Vj. 56%).
  • Die wertmäßigen Umsätze sind „befriedigend“ bis „gut“. Das sagen 92% (Vj. 94%) der Unternehmen. 56% (Vj. 67%) rechnen mit gleichbleibenden Umsätzen.
  • Das Ertragsniveau ist für 89% der Unternehmen dennoch zufriedenstellend. Bedenklich ist, dass 14% mit fallenden Erträgen rechnen. Im Vorjahr lag dieser Wert bei nur 8%.

Karsten Stückrath, Geschäftsführer der ARVOS GmbH SCHMIDTSCHE SCHACK in Kassel:

„Zurückhaltung bei Investitionen ist spürbar, der Export legt etwas zu.“
Die sich abzeichnende Abkühlung hat offensichtlich erste Auswirkungen auf die Investitionsfreudigkeit: Nannten im letzten Jahr noch insgesamt 90% der Unternehmen die Höhe der Investitionen als „ausreichend“ bis „verhältnismäßig hoch“, sagen das in diesem Jahr nur noch 75%.
Die größten Anteile der Investitionen gehen in die Bereiche Produktinvestition und Rationalisierung und den Ersatz von Maschinen. Sie machen allein einen Anteil von knapp 82% des Gesamtvolumens aus.

Die Auslandsinvestitionen sind mit 12% (Vj.15,3%) laut Umfrage rückläufig. Mit 75% von Hundert bilden der Euroraum und das übrige Europa die Schwerpunkte der Auslandsinvestitionen.

Der Exportanteil hat im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Er beträgt laut Umfrage 43% (Vj. 41,6%). Exportiert wird hauptsächlich in den Euroraum (46%), das übrige Europa (20,4%) Nordamerika (14,8%) und Asien (16,7%). Hier gibt er keine nennenswerten Verschiebungen im Vergleich zum Vorjahr.

Jürgen Kümpel, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands HESSENMETALL Nordhessen, zur Beschäftigungslage: „Das Beschäftigungsniveau bleibt auch im kommenden Halbjahr stabil.“

„In Nordhessen zeigt die Zahl der festen Beschäftigungsverhältnisse als auch der Zeitarbeitnehmer keine Veränderung. Das mag unter anderem daran liegen, dass keine entsprechenden Bewerber zur Verfügung stehen. Die Sicherung der Fachkräfte ist für alle Unternehmen daher ein großes Thema. Der Wettbewerb um die besten Köpfe ist auf vollen Touren. Die historisch niedrige Arbeitslosenquote tut ihr Übriges. Ein Blick auf die Statistik der Agentur für Arbeit zeigt, dass die Zahl der Arbeitslosen im Agenturbezirk Kassel im Oktober 2018 um 164 auf 14.262 gefallen ist. Das bedeutet einen Rückgang von 8,2 Prozent. Die Arbeitslosenquote verharrt damit bei 5 Prozent. Vor einem Jahr waren es 5,5 Prozent gewesen. Doch die Zahl der Langzeitarbeitslosen bewegt sich leider noch immer auf einem Niveau, das nicht akzeptabel ist. Sie machen im Agenturbezirk Kassel (Stadt Kassel, Landkreis Kassel, WerraMeißnerKreis) allein 30 Prozent der Arbeitslosen aus. Das sind knapp 4.300 Menschen, die ohne berufliche Perspektive leben. Dem gegenüber stehen per Ende Oktober 4.243 offene Stellen.

Je 30 Prozent des Bestands an Arbeitslosen sind 50 Jahre und älter sowie Ausländer. Das ist ein Potenzial, das gehoben werden muss.
Das von der Bundesregierung vorgelegte Einwanderungsgesetz für Fachkräfte ist grundsätzlich zu begrüßen. Damit das Gesetz für die Bewerber und die Unternehmen erfolgreich sein kann, muss es die Rahmenbedingungen der Einwanderung einfach, transparent und zuverlässig regeln, damit diejenigen, die mit einer beruflichen Qualifikation nach Deutschland kommen wollen, und diejenigen, die ihre Qualifikation dringend brauchen, nämlich die Unternehmen, Planungssicherheit haben.“
Zusatzfrage 2018 „Fachkräftesicherung“

Dr. HansFriedrich Breithaupt, Geschäftsführender Gesellschafter der F. W. Breithaupt & Sohn GmbH & Co. KG in Kassel:

„Fortbildung und Qualifikation der eigenen Fachkräfte ist erstes Mittel, um die Expertise im Unternehmen zu sichern.“
„Die Unternehmen sind stark von Engpässen beim Fachkräftenachwuchs betroffen. Das ist zwar keine neue Nachricht, aber in der Intensität hat uns diese Aussage nochmals bestätigt. Drei Viertel der Unternehmen können ihren Bedarf an Fachkräften mit Berufsausbildung sowie den akademischen Fachkräften nicht decken. Dieser Mangel betrifft die Metallberufe wie die Elektroberufe gleichermaßen. An erster Stelle steht deswegen die Fortbildung und Qualifizierung der beschäftigten Fachkräfte im Unternehmen. Eine vorausschauende Personalplanung, gepaart mit neuen Wegen der Rekrutierung geeigneter Auszubildender, ist daher ein Weg, den viele der befragten Unternehmen gehen. Der Werbung in den sozialen Netzwerken kommt daher ein wachsender Stellenwert zu. Unser Verband unterstützt die Unternehmen seit jeher mit einer Vielfalt an Nachwuchssicherungsangeboten, zum Beispiel mit dem M+E InfoTruck. Er steht an Nummer 1 der Angebote, die genutzt werden. Der Truck setzt neue Maßstäbe in jugendgerechter Berufsinformation. In Nordhessen ist er 20 Tage im Jahr bei Berufsmessen im Einsatz. In diesem Jahr stand er auf der Messe VOCATIUM vor dem Kongress Palais Kassel. Hier haben unsere Mitgliedsunternehmen die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Nicht selten entstehen dabei konkrete Kontakte zwischen den Jugendlichen und den Unternehmen“, so Dr. Breithaupt.

Hintergrund

Der Verband der Metall und ElektroUnternehmen in Nordhessen ist eine von fünf Bezirksgruppen des Arbeitgeberverbandes HESSENMETALL, bei dem über 550 Unternehmen mit rund 130.000 Beschäftigten organisiert sind. Die Bezirksgruppe in Nordhessen hat 149 Mitgliedsunternehmen mit 25.000 Beschäftigten und vertritt diese in den klassischen Feldern des Arbeits und Sozialrechtes, ist Tarifpartner und betreibt aktive Bildungs und Gesellschaftspolitik. Die M+E Industrie in Nordhessen bildet 4.150 Jugendliche aus und schließt jährlich über 1.250 neue Ausbildungsverträge ab.
Zwölf Branchen sind unter dem Dach der deutschen Metall und ElektroIndustrie versammelt. Mit 3,8 Millionen Beschäftigten erwirtschaftet die Metall und ElektroIndustrie einen Jahresumsatz von knapp einer Billion Euro, bildet mehr als 270.000 Menschen aus und schließt ca. 70.400 neue Ausbildungsverträge jedes Jahr. Die hessische M+E Industrie erwirtschaftet mit 213.000 Beschäftigten und 12.000 Auszubildenden einen Jahresumsatz von 56 Milliarden Euro.

Verband der Metall und ElektroUnternehmen Hessen, Bezirksgruppe Nordhessen e. V.
HESSENMETALL Nordhessen
www.arbeitgebernordhessen.de


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