MT macht Sensation perfekt und schlägt Meister Rhein-Neckar Löwen

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Was für ein packendes Spitzenspiel in der zum sechsten Mal hintereinander restlos ausverkauften Kasseler Rothenbach-Halle! Nach 60 begeisternden Minuten schlug die MT Melsungen den amtierenden Meister Rhein-Neckar Löwen mit 29:26 (15:13). Und verarbeitete dabei einen 3:8-Fehlstart, zog sich, mit fabelhafter Unterstützung eines entfesselten Publikums, selbst aus dem Sumpf und dominierte den Favoriten über weite Phasen der Partie eindeutig. Großer Rückhalt war einmal mehr Schlussmann Nebojsa Simic, der jedoch von einer überragenden Deckungsreihe vor ihm profitierte. Mit neun Toren war Julius Kühn der erfolgreichste MT-Schütze und damit noch um eines erfolgreicher als auf der Gegenseite Andy Schmid.

Die Startformation der MT, die in der Abwehr begann, machte klar, welchen Respekt der amtierende Meister abnötigte. Mit den Müller-Brüdern Michael und Philipp sowie Finn Lemke war alles aufgeboten, was hinten Stabilität bringen konnte. Dass diese drei beim Umschalten auf Angriff für Lasse Mikkelsen, Dener Jaanimaa und Tobias Reichmann Platz machen mussten und damit bei Scheitern der ersten und zweiten Welle gegen sehr schnell zurück eilenden Löwen erst einmal wieder sortiert werden musste, wurde in Kauf genommen. Der Haken: gleich zweimal unterliefen in der Hektik Fehler im Aufbau, die von den Gästen eiskalt genutzt wurden. Nach Alexander Peterssons Auftakttreffer legte  er selbst nach Gudjon Valur Sigurdsson einen Konter ins Netz. Der Favorit führte nach nicht einmal drei Minuten gleich mit 3:0.

Auch wenn Nebojsa Simic im Melsunger Tor sofort hellwach war und drei Bälle abwehrte, sein Gegenüber Mikael Appelgren war in der Anfangsphase der dominantere Faktor. Mit noch zwei Paraden mehr war er maßgeblich beteiligt am der 8:3-Führung der Löwen nach 14 Minuten, trotz zwischenzeitlicher Auszeit durch Trainer Michael Roth. Die Hälfte der Tore fielen dabei durch Gegenstöße, ein weiterer durch Andy Schmids klasse Anspiel auf den zum Kreis eingelaufenen Sigurdsson. Im Positionsangriff ging vom Mannheimer Rückraum erstaunlich wenig Gefahr aus.

Das machte die Nordhessen stärker. Über die Erfolgserlebnisse in der Deckung km auch der Angriff langsam auf Touren. Zwei Strafzeiten gegen Michael Allendorf und Michael Müller blieben nicht nur ohne Gegentor, sondern erbrachten durch Julius Kühn in Unterzahl sogar den Anschluss zum 6:8 (18.). Kurz darauf, als Alexander Petersson eine Strafe absaß, verkürzten die beiden vorherigen MT-Sünder sogar auf 8:9 (22.). Zeit für Nikolaj Jacobsen, nun seinerseits die eigenen Reihen neu zu ordnen.

Das gelang nur bedingt. Weil die MT inzwischen auf Betriebstemperatur war und alle taktischen Winkelzüge Jacobsens adäquat reagieren konnte. Das betraf sowohl die Einwechslung von Harald Reinkind auf Halbrechts als auch die verschiedenen Kreisläufervarianten mit Rafael Baena und Gideon Guardiola, der trotz seiner am Wochenende erlittenen Blessur zum Einsatz kam. Einzig die individuelle Klasse von Andy Schmid und feine Paraden von Appelgren vermochte den Meister auf Augenhöhe zu halten.

Denn nach Tobias Reichmanns Siebenmeter zum 12:11 und der ersten MT-Führung spielten fast nur noch die Rot-Weißen. Immer wieder falsche Entscheidungen bei den Löwen, dazu verfrühte Abschlüsse von Reinkind und Larsen sorgten für Ballgewinne der Hausherren. Die Nebojsa Simic zum doppelten Torschützen ins zu Gunsten eines siebten Feldspielers verwaisten Löwen-Tores machten, ohrenbetäubende „Simo, Simo“-Sprechchöre schon vor der Halbzeit veranlassten und den Melsungern eine 15:12-Führung bescherten, die einmal mehr Schmid noch leicht verkürzen konnte.

Auch nach dem Seitenwechsel setzten die Gäste weiter auf den zusätzlichen Feldspieler. Was zunächst noch dem Ex-Melsunger Momir Rnic den Freiraum zum ungehinderten Durchbruch in die Nahwurfzone und sein Tor zum 16:14 ermöglichte, kostete kurz darauf den nächsten Gegentreffer, als Michael Allendorf nach Ballgewinn aus dem Halbfeld traf und Julius Kühn die Unruhe beim Zurückwechseln nutzte, um sogar auf 18:14 zu erhöhen (34.). Es waren die so genannten „kleinen Erfolge“ im Spielgeschehen, die das Selbstvertrauen der Melsunger immer weiter stärkten. Wir Timm Schneiders glänzendes Solo zum 19:15 oder Allendorfs nächster Wurf von der Mittellinie ins leere Netz zum 20:15 (38.).[metaslider id=5142]

Ein weiterer Faktor war die bärenstarke Defensivleistung der gesamten Mannschaft. Egal in welcher Besetzung, immer wieder wurden die Löwen ins passive Spiel und zu Notwürfen gezwungen. Selbst in Unterzahl, als Finn Lemke draußen saß, hielt der Block. Kurz vor der Passivität war es Patrick Groetzki, der von außen am überragenden Simic scheiterte. Im Anschluss jedoch leistete sich auch die MT mal zwei technische Fehler, die Petersson und Groetzki in Überzahl jeweils mit Würfen ins verlassene Tor nutzten. Andy Schmid stellte mit seinem 21:19 den Anschluss her (45.).

Weil Appelgren zurück ins Spiel fand, bekamen die Gäste wieder Oberwasser. Zwar wollte weiterhin kein sogenanntes „leichtes“ Tor mehr gelingen, weil das Rückzugsverhalten der Gastgeber im Gegensatz zur ersten Hälfte nicht wieder zu erkennen war. Dafür ließ die Konzentration der Nordhessen nach, die technischen Fehler häuften sich. Glücklicherweise nicht bei Julius Kühn, der mit seinen beiden Toren zum 23:20 (48.) für Entlastung sorgte. Auf den Rängen herrschte längst Volksfest-Stimmung, standen die begeisterten Zuschauer nicht nur bei Toren oder Simic-Paraden, sondern zum Teil auch während laufender Spielzüge. Mehr Spitzenspiel geht nicht!

Nach Julius Kühns 25:21 in Unterzahl erbebte nicht nur die Halle in ihren Grundfesten, auch der Meister wackelte bedenklich. Jacobsen nahm den alles andere als schwachen Appelgren raus, wollte mir Andreas Palicka noch einmal ein Zeichen setzen. Der war aber machtlos gegen Tobias Reichmann vom Kreis nach intelligentem Anspiel von Timm Schneider. Und als Michael Allendorf nach fast der gleichen Aktion von der anderen Seite, natürlich nach der nächsten Simic-Glanztat, zum 27:22 netzte, hielt es fünf Minuten vor dem Ende bis auf die Ecke der gelb-schwarzen Fans niemanden mehr auf den Sitzen.

Eine letzte Auszeit blieb den Löwen, dann die Umstellung auf eine sehr offensive 5:1-Abwehrvariante. Die Kühn trotz Sonderbewachung durch Sigurdsson zum 28:24 aushebelte. Aufregung gab es, als Schmid sehr ungestüm in die Deckung stach und mit Reichmann aneinander geriet. Da saß Kühn draußen, aber einmal mehr brauchten die Mannheimer sehr viel Zeit, den 25. Treffer zu setzen. Die Zeit lief ihnen davon, auch weil Teufelskerl Nebojsa Simic von Sigurdsson selbst im Tempogegenstoß nicht zu überwinden war. Dener Jaanimaa machte mit seinem ersten Tor des Tages den Sack zu, dem Ex-Melsunger Rnic gebührte die Ehre des letzten Tores. Das nichts mehr am verdienten Sieg der Hausherren änderte und die längst begonnenen Feierlichkeiten auf den Rängen nicht unterbrechen konnte.

Stimmen zum Spiel

Michael Roth: Nach einem so verhaltenen Start gegen den amtierenden Meister so zurück zu kommen ist eine sensationelle Leistung. Dabei geholfen hat, dass wir nach der Hereinnahme von Timm Schneider Mitte der ersten Halbzeit effektiver wurden. Insgesamt haben wir über 60 Minuten fantastisch, fast schon Weltklasse verteidigt. Baena und Pekeler haben wir fast stillgelegt. Lasst den Schmid seine Tore werfen, haben wir gesagt, wenn wir dafür die anderen alle im Griff behalten. Das hat funktioniert. Dazu hatten wir in kritischen Phasen Simic im Rücken. Wenn man gegen die Löwen nur sechs technische Fehler macht, hat man sicher verdient gewonnen. Fantastisch ist auch, was unsere Fans wieder für eine Stimmung gemacht haben. Sicher müssen wir uns insgesamt noch steigern. Aber wenn wir so weitermachen, werden wir in der weiteren Saison noch viel Spaß haben.

Nikolaj Jacobsen: Glückwunsch an Schorle und seine Mannschaft zum verdienten Sieg. Wir haben sehr gut angefangen und gut in der Deckung gestanden. Dazu hat Appelgren stark gehalten, so dass wir sehr gut Gegenstöße laufen konnten. Dann kamen wir leider in Überzahl und bekamen einen Knick ins Spiel. Das steckt dann sofort auch im Kopf, wenn in Überzahl keine Tore gelingen. Gleichzeitig begann Simic zu halten und wir haben mehrere Tore beim Spiel sieben gegen sechs kassiert. In der zweiten Hälfte sind wir nochmal auf 21:19 rangekommen, aber dann gingen drei Abpraller an Melsungen und wir kamen nicht mehr ein ins Spiel.[metaslider id=9316]

Axel Geerken: Klar, besser geht immer. Aber nachdem wir anfangs ein paar Probleme hatten in der Saison sieht man jetzt, was die Mannschaft wirklich kann. Natürlich ist dieser Sieg fantastisch und überragend. Wir müssen aber trotzdem weiter konsequent an unseren Schwächen arbeiten, um weiter unsere Punkte zu sammeln.

Oliver Roggisch: Von mir auch ein Glückwunsch. Wir hatten keine Angst vor diesem Spiel hier. Wir wussten, dass irgendwann ein Spiel kommen wird, in dem nicht alles so gut für uns läuft. Das ist aber normal, es geht für uns weiter. Morgen, wenn die Müllers aufwachen und sich noch einmal umdrehen, starten wir schon wieder nach Skopje und haben da dann in einer Trainingseinheit Zeit, das Spiel heute aus den Knochen zu bekommen.

Statistik

MT Melsungen: Simic (2 Tore, 18 Paraden / 26 Gegentore), Sjöstrand (n. e.); Kühn 9, Lemke, Golla, Reichmann 5/2, Mikkelsen 1, Danner, P. Müller 2, Boomhouwer, Schneider 3, Allendorf 5/1, Jaanimaa 1, M. Müller 1, Haenen – Trainer Michael Roth.

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren (13 P. / 25 G.), Palicka (0 P. / 4 G.); Schmid 8, Bliznac, Sigurdsson 4/1, Radivojevic, Baena, Tollbring, Rnic 4, Larsen, Pekeler 1, Groetzki 2, Reinkind 1, Taleski, Petersson 5 – Trainer: Nikolaj Jacobsen.
 
Schiedsrichter: Robert Schulze (Magdeburg) / Tobias Tönnies (Magdeburg)

Zeitstrafen: x – x Minuten (Allendorf 13:08, M. Müller 15:39 50:20, Lemke 41:21, Golla 46:01, Kühn 56:40 – Petersson 19:21, Pekeler 23:38, Larsen 46:51)

Strafwürfe: 3/3 – 1/1

Zuschauer: 4.300 in der Rothenbach-Halle, Kassel (ausverkauft)

Die nächsten Spiele:
Sa., 25.11.17, 20:30 Uhr: HC Erlangen – MT Melsungen, Arena Nürnberg
Do., 30.11.17, 19:00 Uhr: MT Melsungen – Die Eulen Ludwigshafen, Rothenbach-Halle
MT

 

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